Kreiselternrat will bei der Fortschreibung des Schulentwicklungsplans seine Forderungen berücksichtigt wissen

Dann soll doch der Kreiselternrat rechtzeitig das Gespräch mit den Verantwortlichen des Kreises, also auch mit der Kreisverwaltung suchen und gleichzeitig Finanzierungsmöglichkeiten der Forderungen aufzeigen.

Aber hier nun erst einmal zum Artikel von Herrn Becker, dessen Frau Schulleiterin in Velten ist.

OGA vom 30. Oktober 2023 OBERHAVEL

Gespräche mit allen Fraktionen

Bildung

Kreiselternrat will bei der Fortschreibung des Schulentwicklungsplans seine Forderungen berücksichtigt wissen.

Von Roland Becker

Oberhavel. Wenn Alexander Krupp an überdimensionierte Schulen denkt, fällt ihm sofort die Torhorst-Gesamtschule in Oranienburg ein. „Laut Fortschreibung des Schulentwicklungsplans soll die durch einen Anbau achtzügig werden“, sagt der Vorsitzende des Kreiselternrates und lässt seine Kritik auf dem Fuße folgen: „Eine Erweiterung der Flächen für Pausen, Freizeit und Sport sowie eine größere Mensa sind nicht geplant.“ Auch hier befürchtet er, dass sich aus der Enge soziale Konflikte ergeben können.

Alexander Krupp ist niemand, der die Schulpolitik des Kreises in Bausch und Bogen verdammt.  Der aktuell geltende Schulentwicklungsplan habe auch dank der Forderungen des Kreiselternrats bereits erhebliche Verbesserungen gebracht. Dass darin mehr Schulstandorte enthalten sind als zuvor, sieht er als Erfolg an. „Das muss uns jetzt erneut gelingen“, beschreibt er aus seiner Sicht das Ziel für die neuerliche Novellierung, die von den Mitgliedern des Kreistages bereits kontrovers diskutiert wird.

Um für die jetzigen und nächsten Generationen möglichst perfekte Bedingungen zu schaffen, will der Kreiselternrat mit allen Fraktionen sprechen, bevor diese im Kreistag über den novellierten Schulentwicklungsplan abstimmen. „Unsere Aufgabe ist es, dass wir unter den Fraktionen Verbündete finden, die die Positionen der Eltern vertreten“, beschreibt er die Aufgabe seines Gremiums. Dessen Positionen dürften auf der Sitzung am 7. November festgezurrt werden. Danach bleiben noch zwei Wochen Zeit, ehe der Bildungsausschuss die Beschlussvorlage des Landrats am 20. November diskutieren wird.

Für die Zukunft wünscht sich Alexander Krupp, dass der Landkreis die Schülerzahlen nicht herunterrechnet, wenn der Bedarf an Schulplätzen ermittelt wird. Natürlich soll keine Schule am Bedarf vorbei gebaut werden – und davon kann bis heute auch nicht die Rede sein. „Wir brauchen keinen leeren Beton. Aber wir müssen so planen, dass die Schulkapazität problemlos und schnell erweitert werden kann“, sagt er. Dabei erinnert er an „eine gute Idee der Verwaltung“. Die habe einst vorgeschlagen, neue Schulen so zu bauen, dass diese in anderer Form genutzt werden können, falls die Schülerzahlen wieder zurückgehen sollten. Krupp findet es schade, dass „diese Idee nicht Eingang in den Schulentwicklungsplan gefunden hat“.

Schulen in Oberhavel und kein Ende…

OGA vom 30. Oktober 2023 TITELSEITE

Eltern fordern mehr Tempo beim Schulbau

Bildung

Schüler in Containern sowie Neubauten von teils sehr großen Schulen: Die Schulpolitik des Kreises Oberhavel stößt auf Kritik.

Von Roland Becker

Die weiterführenden Schulen in Oberhavel platzen aus allen Nähten. Der Kreis kommt kaum noch hinterher, genügend Schulplätze zur Verfügung zu stellen. Das ruft auch den Kreiselternrat auf den Plan. Dieser äußert an der jetzt im Kreistag vorgelegten Novellierung des Schulentwicklungsplans deutliche Kritik. Was halten die Elternvertreter vom großen Schulneubau in Velten, von der verweigerten Oberschule für Oberkrämer und den Container-Schulen?

Der aktuelle Schulentwicklungsplan ist gerade mal eineinhalb Jahre alt und schon Makulatur. Die Folge: Unter dem Druck, dass für das Schuljahr 2024/25 nach aktuellem Stand 261 Plätze fehlen, muss der Kreis zu Notlösungen greifen. „Wir haben die Situation, dass dauerhaft der Realität hinterhergelaufen wird. Für die Schulsituation der Kinder ist das ein Drama“, schlägt Alexander Krupp, Sprecher des Kreiselternrats, Alarm.

Unsere Kinder sitzen in Containern und müssen in drei Schichten zum Mittagessen.

Der Realität hinterherzulaufen bedeutet, dass viele Kinder und Jugendliche künftig in Containern unterrichtet werden. Vom Landkreis wird dafür das Wort Modulbauten verwendet. Klingt besser, beschönigt aber einiges. „Da sitzen unsere Kinder in Blechcontainern und müssen in drei Schichten zum Mittagessen. Auf dem Schulhof haben sie keine Chance, sich aus dem Weg zu gehen“, spielt Krupp darauf an, dass die Enge zu mehr verbalen und körperlichen Attacken führen kann.

In der jetzigen Situation gibt es zu den Containern keine Alternative, räumt der Kreiselternsprecher ein. „Man kann die Kinder nicht auf den Hof stellen und im Regen unterrichten.“ Das bedeutet aber auch, dass Sporthallen, Pausenräume und Mensen viel mehr Schülerinnen und Schüler verkraften müssen. Dazu komme, dass teilweise Fachkabinette in Klassenräume umgewandelt werden. Auch Räume für den Teilungsunterricht fehlen.

Krupp, der auch Mitglied des Landeselternrates ist, hat einst große Hoffnungen in den neuen Landrat gesetzt. Er erinnert daran, dass Alexander Tönnies (SPD) Anfang 2022 in seinem Wahlkampf öffentlich versprochen habe, Oberhavel zum Bildungslandkreis aufsteigen zu lassen. „Es wäre schön, wenn wir das hinbekommen“, meint der Elternsprecher heute und fordert deshalb mehr Tempo beim Bau von Schulen.

Es wird noch Jahre dauern, ehe geplante Neubauten wie die Gesamtschule in Velten oder die in Schönfließ – diese soll frühestens 2030/31 fertig sein – für spürbare Entlastungen sorgen. „Das hilft vielleicht Kindern, die jetzt in die erste Klasse kommen. Aber es hilft nicht den jetzigen Siebtklässlern“, kritisiert der in Glienicke lebende dreifache Vater das aus seiner Sicht mit angezogener Handbremse gefahrene Tempo für die Bauvorhaben. In Namen des Kreiselternrats fordert er: „Wir wünschen uns eine beschleunigte Planung.“

Krupp hat den Entwurf für den zu modifizierenden Schulentwicklungsplan genau gelesen. Dabei fallen ihm Formulierungen wie diese auf: „Die Barbara-Zürner-Oberschule soll dabei als bestehende Einrichtung erhalten bleiben.“ Der Elternvertreter möchte das klarer gefasst wissen. „Die Schule wird erhalten“, fordert er für die Veltener Bildungseinrichtung.

Wenige Hundert Meter entfernt soll neben Veltens Gymnasium eine Gesamtschule entstehen. Auch unter den Kreistagsabgeordneten sind längst nicht alle damit einverstanden, dort eine fünfzügige Schule zu errichten. Krupp hält sich mit Kritik an dieser Stelle zurück. Das hat weniger damit zu tun, dass er dazu garantiert eine Meinung hat, als damit, dass sich der Kreiselternrat Mitte Oktober neu konstituierte. Daher müssen zu einigen Problemfällen in der Schullandschaft erst noch gemeinsame Positionen gefunden werden.

Seine eigene Meinung aber steht fest: „Es sollten keine extrem großen Schulstandorte entwickelt werden.“ Er plädiere getreu dem bisherigen Motto des Kreiselternrates – Kurze Wege für kleine Füße – für dezentrale Bildungseinrichtungen. Indirekt kann das als ein Appell zum Bau einer weiterführenden Schule in Oberkrämer verstanden werden. Im Landratsamt, wo man sich beharrlich dagegen wehrt, wird das nicht gern gelesen werden.

Nazis wehren sich gegen Verbot ihrer Vereinigung – geht’s noch?

Für Nazis ist in dieser Gesellschaft kein Platz!

Wer Nazi sein möchte, ob aus Überzeugung, aus Dummheit oder als Mitläufer, hat mit den Konsequenzen seine Handelns zu rechnen.

Übrigens nicht nur Nazis; alle Bürgerinnen und Bürger sind für ihr Handeln verantwortlich.

Wer aus der Geschichte nicht gelernt hat oder intellektuell nicht in der Lage ist daraus zu lernen und sich keine Hilfe holt, wird von der demokratischen Gesellschaft ausgeschlossen.

Doch nun zum Artikel:

OGA vom 30. Oktober 2023 BERLIN

Neonazi-Gruppe wehrt sich gegen Verbot

Hammerskins Mitglieder in Brandenburg und Berlin klagen nach Entscheidung des Bundesinnenministeriums.

Von Bodo Baumert

Potsdam. Mit einem Großaufgebot ist die Polizei am 23. September deutschlandweit gegen die Gruppierung der „Hammerskins Deutschland“ vorgegangen. 28 Wohnungen und Vereinsräume wurden durchsucht, mehrere davon in Brandenburg und Berlin. Grundlage war ein Verbot des als rechtsextrem eingestuften Organisation durch das Bundesinnenministerium am selben Tag. Nun wehren sich Mitglieder der rechten Bruderschaft gegen dieses Verbot.

Wie das Bundesverwaltungsgericht auf Nachfrage bestätigt, liegen mehrere Klagen von Vereinsmitgliedern und Untergruppierungen vor. Zunächst hatten WDR und NDR berichtet, dass solche Klagen eingereicht wurden. Deren Zahl ist inzwischen auf zwölf gestiegen, darunter auch von „jeweils einer Privatperson aus Berlin und Brandenburg“, wie die Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt.

In Brandenburg hatte die Polizei im September zwei Objekte im Landkreis Ostprignitz-Ruppin, eines in Barnim sowie eine Wohnung im Havelland durchsucht. Die Razzia richtete sich laut Ministerium nur gegen mutmaßliche Führungsfiguren der Gruppe. Die Behörden schätzen die Zahl der Mitglieder der konspirativ handelnden Vereinigung insgesamt auf rund 130 in Deutschland.

Grund des Verbots war laut Innenministerium, dass der Verein gegen die verfassungsmäßige Ordnung und gegen den Gedanken der Völkerverständigung agiere. Zudem liefen Zweck und Tätigkeit der Vereinigung den Strafgesetzen zuwider. Bei Konzertveranstaltungen der Gruppe würden auch Nicht-Mitglieder mit rechtsextremistischem Gedankengut ideologisiert. Mitglieder der Vereinigung seien zudem als Sicherungsdienst für rechtsextremistische Veranstaltungen im Einsatz.

Erfolgschancen ungewiss

In Brandenburg trat die Gruppe laut Verfassungsschutzbericht eher selten öffentlich in Erscheinung. Anders als andere Gruppierungen verzichte sie bei Auftritten meist auf ein einheitliches Outfit. Aktiv sei die Vereinigung vor allem bei der Organisation rechter Konzerte.

Offen ist, welchen Erfolg die Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig haben werden. In der Vergangenheit gab es mehrere ähnliche Klagen, etwa gegen das Verbot des als rechtsextrem eingestuften Vereins Nordadler oder des linksextremen Portals Indymedia. Beide Klagen hat das Gericht abgelehnt, da die Kläger, jeweils als Mitglieder des Vereins geführte Personen, keine Klagebefugnis gegen das Verbot hatten. Diese stehe lediglich dem Verein selbst oder führenden Vertretern zu, die im Namen der Organisation auftreten, zu. Die jüngste Klage gegen ein Vereinsverbot hat das Bundesverwaltungsgericht im August 2023 behandelt. Dort klagte der Verein Ansaar International gegen sein Verbot – auch diesmal ohne Erfolg. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Verein einen Teil seiner eingeworbenen Spendengelder der Hamas und anderen Terrororganisationen zur Verfügung stelle.

Vom Verbot bis zur Entscheidung über die Klage hat es in diesem Fall fast zwei Jahre gedauert. Wie lange das Bundesverwaltungsgericht im Fall der Hammerskins brauchen wird, bleibt abzuwarten. Bisher seien noch keine Termine festgesetzt, teilt das Gericht mit.

Auswertung des Mobilitätskompass

28. Oktober 2023OBERHAVEL

Kremmen landesweit Schlusslicht

Verkehr

Bei der Umfrage „Mobilitätskompass“ landet Kremmen landesweit auf dem letzten Platz. Was sind die Gründe? Was muss besser werden?

Von Jessica Neumayer

Um die Mobilität in Kremmen steht es nicht gut – zumindest, wenn es nach den knapp 8000 befragten Brandenburgerinnen und Brandenburgern geht, die bei der Online-Umfrage von moz.de zum Thema Mobilität mitgemacht haben. Kremmen bildet das Schlusslicht der elf Städte des Landkreises Oberhavel, und auch im landesweiten Vergleich landet die Stadt ganz hinten. Woran liegt das, und wie könnte es verbessert werden?

Wer an Kremmen denkt, sieht vielleicht als Erstes den historischen Stadtkern, das Scheunenviertel oder die ländliche Idylle vor sich. Die Ackerbürgerstadt mit ihren sieben Ortsteilen wurde in den vergangenen Jahren vor allem bei Familien immer beliebter. Dem Stadtleben entkommen, aber dennoch gut angebunden wohnen, so ist die Vorstellung. In der Praxis sieht das anders aus.

Um die Mobilität zu verbessern, müsste die Deutsche Bahn zuverlässiger werden.

Sebastian Busse (CDU) Bürgermeister

Am schlechtesten schneidet Kremmen bei der Nutzbarkeit von Radwegen ab.

Bei den Fragen des Mobilitätskompasses bezüglich Infrastruktur, Sicherheit und Nahverkehr erhielt Kremmen im Ranking von allen beteiligten Orten Brandenburgs eine 3,27 – wobei 1 für sehr gut und 5 für sehr schlecht steht – und landet in der Rangliste als Schlusslicht auf Platz 114.

Gute Anbindung mit dem Auto

Die Anbindung per Straße ist nicht das Problem. Mit den Landstraßen L170 und L19 hat Kremmen gute Voraussetzungen, mit dem Auto schnell nach Nauen, Oranienburg oder Herzberg (Mark) zu kommen. Auch die zwei Auffahrten zur A24 versprechen gute Anschlussmöglichkeiten zu näheren oder entfernteren Zielen, wie beispielsweise Berlin oder Hamburg. „Mit dem Auto sind wir gut angebunden“, sagt Eckhard Koop, Vorsitzender des Ortsbeirats Kremmen.

Ähnliches spiegelt sich in den Umfrageergebnissen wider. Im Bereich Infrastruktur Auto schafft Kremmen mit einer 2,7 den Sprung ins hintere Mittelfeld aller Kommunen Oberhavels – auf Platz acht von elf. Dennoch übt Koop Kritik am schlechten Zustand der Straßen und fordert hier Verbesserung, und zwar auch über Kremmen hinaus. „Wenn man durch Vehlefanz fährt, ist das eine Zumutung fürs Fahrzeug“, sagt Koop.

Laut Umfrageergebnissen wird die Infrastruktur für Autos jedoch nicht groß bemängelt. 48 Prozent der Befragten sagen, dass auf die Belange der Autofahrenden geachtet werde. Über die Hälfte der Befragten stimmen zudem zu, dass die Parksituation sehr gut ist und bewerten positiv, dass es selten Stau gibt.

Am schlechtesten schneidet Kremmen (3,46) bei der Nutzbarkeit von Radwegen ab. In Oberhavel wird nur Birkenwerder (3,48) knapp schlechter bewertet. Problematisch wird von 83 Prozent der Befragten gesehen, dass Autos beim Überholen zu wenig Sicherheitsabstand halten. Zudem sind die Radwege, sofern es sie überhaupt gibt, zu schmal. Anders sieht das mit den Verbindungen in die Umgebung aus. Gute Beispiele sind die Radwege Richtung Havelland nach Nauen und nach Beetz.

Zwischen Flatow und Kremmen, Beetz und Herzberg sowie Sommerfeld und Hohenbruch fehlt eine Radverbindung. „Der Radweg zwischen Schwante und Germendorf ist seit 15 Jahren vermessen, aber es geht nichts voran“, ärgert sich Eckhard Koop und fügt hinzu „Das wäre eine traumhafte Strecke, wenn man zum Beispiel mit dem Fahrrad zum Tierpark Germendorf kommen würde.“ So sei die Strecke jedoch gefährlich, und es sei ein Wunder, „dass da noch nichts Schlimmes passiert ist“, bemängelt der Ortsbeiratschef.

Auch Bürgermeister Sebastian Busse (CDU) sieht Nachholbedarf im Fahrradverkehr. Notwendig seien Radwege, die die Kreisgebiete überschreiten, zum Beispiel nach Linum. Seiner Ansicht nach braucht es aber auch gute Radwege nach Oranienburg und Flatow. Busse sieht es als problematisch an, dass in den meisten Fällen der Landesbetrieb Straßenwesen verantwortlich ist. „Wir melden die Straßen immer wieder, aber die Prioritäten des Landes liegen woanders, als in Kremmen die Radwege auszubauen“, sagt Busse.

Der Bedarf von Radwegen übers Land ist in ganz Brandenburg sehr hoch, bestätigt Steffen Streu, Pressesprecher des Landesbetriebs Straßenwesen Brandenburg. „Aus diesem Grund müssen unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien und vorhandener Planungskapazitäten Prioritäten gesetzt werden“, erläutert der Sprecher.

Zu den Kriterien zählen unter anderem die tägliche Verkehrsbelastung, die Schulwegsicherung sowie die Anbindung an Bahnhöfe. Der Landesbetrieb Straßenwesen habe die Radstrecken um Kremmen herum untersucht und festgestellt, dass es keinen weiteren Bedarf gebe, teilt der Sprecher mit. Folglich bleibt Kremmen ohne weitere Radwege.

Busfahrzeiten sind ungünstig

Wer nicht die Option hat, den Drahtesel zu nehmen, und dennoch nicht mit dem Auto fahren möchte oder kann, muss auf öffentliche Verkehrsmittel setzen. Doch auch hier schneidet die Stadt Kremmen (3,0) schlecht ab. Busse und Bahnen fahren zu ungünstigen Zeiten, sagen zwei Drittel der Befragten. Zudem fallen sie häufig aus oder kommen unpünktlich. „Um die Mobilität zu verbessern, müsste die Deutsche Bahn zuverlässiger werden und die OVG die Dörfer häufiger anfahren“, fordert Bürgermeister Busse. Aber auch an die Bürgerinnen und Bürger appelliert er: „Das Angebot, das da ist, muss auch genutzt werden.“

In eine ähnliche Richtung geht die Forderung von Eckhard Koop. Er schlägt vor, dass neue Linien länger getestet werden. „Ein Angebot wird erst angenommen und hat die Chance sich zu bewähren, wenn es auch lange genug angeboten wird.“ Koop sieht den Landkreis in der Pflicht, auch in den entfernteren Regionen attraktive Anbindungen zu schaffen. „Wenn ich weiß, dass ich nach 19 Uhr nicht mehr nach Hause komme, dann ist der öffentliche Nahverkehr unattraktiv. Da wird jeder aufs Auto ausweichen“, sagt Koop.

Zudem fordert er, dass auch direkte Verbindungen angedacht werden sollten. Für eine Stecke, die mit dem Auto in 25 Minuten zu bewerkstelligen ist, braucht der Bus die doppelte Zeit, erklärt Koop. Er schlägt eine Buslinie vor, die über Schwante und Sommerswalde in die Kreisstadt fährt. „Dann wäre man in 35 Minuten in Oranienburg.“

Busse und Koop sind sich einig, dass Kremmen mit dem Prignitz-Express (RE 6) nach Berlin und Neuruppin, und der Regionalbahnlinie RB 55 gut angebunden ist. Sie erklären jedoch, dass die Bahn erst dann attraktiv ist, wenn die Züge zuverlässiger fahren. „Wenn ich nach Berlin zum BER will, würde ich eine andere Verbindung wählen“, bemängelt Koop. Er hätte zu viele Bedenken, dass die Bahn ausfalle. Zudem gibt es keine Direktverbindung.

Als Alternativroute nimmt er den Bus nach Nauen und von dort die Bahn zum BER. „Die historische Bahnverbindung über Nauen sollte wieder reaktiviert werden“, schlägt Koop vor. Dies wäre ein Pluspunkt für die Erreichbarkeit Kremmens, doch es ändert nichts an seinem Hauptkritikpunkt: Unzuverlässigkeit.

Unverständliche Tarife

Weitere Gründe, die von der Nutzung der Bahn abschrecken, sind für 64 Prozent der Befragten als zu teuer empfundene Ticketpreise sowie die schlechte Information bei Fahrplanänderungen. Eine unverständliche Tarifstruktur schreckt zusätzlich ab. Falls Reisende dennoch das Abenteuer Bahn angehen wollen, vermissen sie genügend Ticketautomaten, bemängeln über 60 Prozent der Befragten. Wer in Kremmen mobil sein möchte, kann weder auf ausreichend öffentlichen Verkehrsmittel zurückgreifen, noch alle Ziele auf sicheren Radwegen erreichen. 77 Prozent der Kremmener geben an, ein Auto zu brauchen, um mobil zu sein. Fast genauso viele sind zudem mit dem ÖPNV unzufrieden.

Eine gute Nachricht gibt es jedoch. Zumindest als Fußgänger fühlt sich der Großteil in Kremmen sicher. Das sagen 57 Prozent der Befragten. Vielleicht liegt das daran, dass knapp 60 Prozent der befragten Kremmener loben, dass kein Auto die Fußwege zuparkt. Wenn also alle anderen Optionen fehlschlagen, bleibt einem immer noch der Gang zu Fuß – sofern man das Städtchen nicht verlässt.

Kuhmilch oder Pflanzendrinks?

OGA vom 28. Oktober 2023 WIRTSCHAFT

Pflanzendrinks: Körner statt Kuh

Ernährung

Immer mehr Raum nehmen im Handel Milchersatzprodukte ein – Getränke aus Mandeln, Hafer, Erbsen oder Soja. Ein Vergleich von Produktion, Nachhaltigkeit und Mineralstoffen.

Von Caroline Strang

Auf den Tischen liegen Spitzendeckchen, die Montagsturnerinnen haben Stammtisch, wie jeden Montag seit 30 Jahren. Nur Corona hatte sie zeitweise von dieser Tradition abgehalten. Die Pokale auf dem Wandregal direkt unter der holzvertäfelten Decke glänzen matt vor staubigem Fett, die Runde einen Tisch weiter bestellt Radler und Weißweinschorle – ein entspannter Abend in einer Dorfwirtschaft in der Nähe von Biberach. Mittenrein platzt die Frage an die Mütter, die sich nach einem Elternabend dort versammelt haben: „Sag mal, trinkt ihr noch Kuhmilch oder nehmt ihr Pflanzendrinks?“

Es folgt verständnisloses Kopfschütteln, die eine erzählt, dass ihr Mann jeden Tag einen Liter normale Milch trinke, die andere lässt davon überwiegend die Finger, verträgt sie nicht mal im Kaffee. Nur eine der Jüngsten am Tisch erklärt: „Mein Mann trinkt nur noch Mandel- oder Kokosmilch, das schmeckt gar nicht so schlecht.“ Warum? „Weil die weniger Fett hat, er achtet auf seine Figur und auf die Gesundheit.“

Vor allem Hafermilch schneidet beim CO2-Fußabdruck gut ab.

Wie der figurbewusste Ehemann greifen immer mehr Menschen in Deutschland nach Milch-Ersatzdrinks, deren Hersteller sie nicht Pflanzen- oder Sojamilch nennen dürfen. Der Begriff „Milch“ ist geschützt. Im Vergleich zu 2020 ist der Absatz von Pflanzendrinks in Deutschland 2023 um 85 Prozent gestiegen, wie die Gesellschaft für Konsumforschung ermittelt hat. Knapp 13 Prozent der Verbraucher in Deutschland ziehen nicht-tierische Milchalternativen der konventionellen Milch vor.

Zu den beliebtesten Alternativen gehören Hafer-, Mandel- und Sojamilch. 54 Prozent der Verbraucher gaben in einer Umfrage der Marktforscher POSpulse an, Milchalternativen als Zusatz zu herkömmlicher Milch zu nutzen. Häufigste Motive für den Verzicht auf Milch stellen insbesondere Tier-, Umwelt- sowie Klimaschutz dar.

Die Produktion von Milch übernimmt überwiegend der Körper der Kuh, die im Handel käuflichen Pflanzendrinks werden industriell hergestellt. Grundsätzlich kann man zusammenfassen: Für die Getränke wird die jeweilige Grundzutat zerstampft, zerstoßen oder gemust und mit Wasser versetzt. Bei Getreide-Drinks werden die Körner zuerst grob gemahlen und anschließend eingeweicht, wie die Experten des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt- und Verbraucherschutz beschreiben.

Für die Herstellung der Drinks auf Nussbasis schälen Hersteller die Früchte und rösten sie zur Verstärkung der Aromen, bevor auch sie gemahlen, gekocht und verdünnt werden. Bei Erbsenmilch hingegen werden zunächst die Proteine aus den Erbsen extrahiert und dann mit Wasser gemischt. Häufig kommen dann noch Pflanzenöl, Vitamine, Mineralien, diverse Verdickungsmittel und Aromen dazu.

Doch sind diese Pflanzendrinks überhaupt gesund? Prinzipiell ja, sie enthalten in der Regel beispielsweise weniger Fett, was auch der figurbewusste Ehemann weiß. „Pflanzliche Alternativen unterscheiden sich deutlich von Kuhmilch“, erklärt Katrin Böttner von der Verbraucherzentrale NRW. Ein umfassender Marktcheck habe allerdings ergeben, dass der Energiegehalt stark variiert.

Im Test lag er zwischen 12 und 81 Kilokalorien pro 100 Gramm. Mehr als zwei Drittel der Produkte enthielten weniger als 48 Kilokalorien pro 100 Gramm – und damit weniger Energie als fettarme Milch. Der überwiegende Anteil der Pflanzendrinks beinhaltete weniger als 0,5 Gramm gesättigte Fettsäuren pro 100 Gramm. Fettarme Kuhmilch und Vollmilch bringen es auf 1,1 und 2,4 Gramm pro 100 Gramm.

Allerdings trägt Kuhmilch in unserer Ernährung unter anderem zur Versorgung mit den Nährstoffen Calcium, Jod, Vitamin B2, Vitamin B12 und Protein bei. „Wer gänzlich auf Milchprodukte verzichtet, sollte darauf achten, diese Nährstoffe gezielt durch andere Lebensmittel aufzunehmen oder auf angereicherte Pflanzendrinks zurückgreifen“, schreibt das Staatsministerium.

Calcium wird den Drinks oft zugefügt. Die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) liegt für Erwachsene bei 1000 Milligramm Calcium pro Tag. „Wenn man sie mit Milchprodukten erreichen will, braucht man 250 Milliliter Milch und beispielsweise noch zwei Scheiben Hartkäse und einen Joghurt von 150 Gramm“, erklärt Böttner. 250 Milliliter angereicherte Pflanzendrinks lieferten in der Regel ebenso viel Calcium wie 250 Milliliter Milch.

Pflanzendrinks sind klimafreundlicher: Ihr CO2-Fußabdruck ist deutlich kleiner als der von Milch, das heißt, ihre Auswirkungen aufs Klima entlang ihres Produkt-Lebenswegs von der „Wiege bis zur Supermarktkasse“, wie Nils Rettenmaier, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu), erklärt. Für die ifeu-Studie wurden Soja-, Hafer- und Mandeldrinks unter die Lupe genommen – und Milch. Unter anderem wurde berechnet, wie viele Treibhausgase in der Landwirtschaft durch den Einsatz von Traktoren, Dünger und Pflanzenschutzmitteln ausgestoßen werden, auch die Emissionen sämtlicher Transportprozesse, der Verarbeitung, Verpackung und Lagerung wurden einbezogen.

Das Fazit: „Die pflanzlichen Alternativen weisen wesentlich bessere Werte auf“, sagt Rettenmaier. Vor allem der Haferdrink schneidet gut ab. Der größte Unterschied komme aus der Landwirtschaft. Für die Erzeugung von Milch müssten Futtermittel für die Milchkühe angebaut werden. Dazu komme der Ausstoß von Methan aus dem Verdauungstrakt. Und auch die Ausbringung des Wirtschaftsdüngers aufs Feld leiste einen deutlichen Beitrag zu den Emissionen. „Für die pflanzlichen Alternativen hingegen muss man zwar auch die Rohstoffe anbauen, aber es fallen eben keine mit der Tierhaltung verbundenen Emissionen an“.

Großer Wasserverbrauch

Betrachtet man allerdings beispielsweise den Wasserfußabdruck, sieht die Bilanz etwas anders aus. Das ifeu ermittelte dabei den Wasserverbrauch in „Liter Weltwasseräquivalent“, wobei berücksichtigt wird, wie knapp Wasser in der jeweiligen Anbauregion ist. Mandeldrink hat einen sehr großen Wasserfußabdruck, deutlich größer als der von Milch: „Das liegt vor allem daran, dass Mandeln unter anderem in Kalifornien und im Mittelmeerraum angebaut werden, wo gerade in den vergangenen Jahren zeitweise große Wasserknappheit herrscht, die sich in den vergangenen Jahren weiter zuspitzte“, erklärt Rettenmaier. Haferdrink dagegen schneide beim Wasserfußabdruck besser ab als Milch.

Und die Frauen in der Dorfwirtschaft? An Wassermangel leiden sie nicht, obwohl die Gläser inzwischen leer sind. Auf Kuhmilch wollen sie nicht verzichten. „So ein Kakao mit richtiger Milch schmeckt schon anders“, sagen sie. Und drehen am nächsten Tag vielleicht eine kleine Sparzierrunde an der Weide mit den sieben Kühen am Dorfrand vorbei.

Für Allergiker bedingt geeignet

Als Alternative zu Kuhmilch sind Pflanzendrinks bei Allergikern beliebt, da sie keine Laktose und kein Milcheiweiß enthalten. Aber: Soja, Lupinen, Mandeln und Getreide können allergische Reaktionen auslösen. Außerdem enthalten Getreidedrinks Gluten, nichts für Menschen mit Zöliakie, so die Experten der Verbraucherzentrale.

Im Durchschnitt sind Pflanzendrinks teurer als Kuhmilch – wozu auch die unterschiedliche Besteuerung beiträgt: Milch fällt als Grundnahrungsmittel unter den ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent, Pflanzendrinks werden mit 19 Prozent versteuert.

Wasserstoff gilt als zentrales Element der klimafreundlichen Zukunft

OGA vom 28. Oktober 2023 TITELSEITE ORANIENBURG

Neues Gas in alten Rohren

Umwelt

Wasserstoff gilt als zentrales Element der klimafreundlichen Zukunft. Der Hafen Rotterdam beginnt damit.

Von dpa

Rotterdam.

Der niederländische König Willem-Alexander hat im Hafen von Rotterdam offiziell das Startzeichen geben für den Bau eines internationalen Wasserstoffnetzwerkes. Energie- und Klimaminister Robt Jetten sprach von einem wichtigen Schritt zu einem klimafreundlichen Energiesystem. Das Netzwerk soll die großen Industriezentren des Landes miteinander verbinden, und ab 2030 an Netzwerke in Deutschland und Belgien gekoppelt werden und dort Industriezentren mit grünem Wasserstoff versorgen. Außerdem sollen Importterminals der Seehäfen, Wasserstoffproduktionsanlagen und großangelegte Speicher angeschlossen werden. Mit dieser Infrastruktur will Rotterdam, der größte Hafen Europas, zum internationalen Knotenpunkt für Wasserstoff werden. „Wir sehen uns klar als Spitzenreiter und arbeiten mit anderen europäischen Häfen zusammen“, sagte der kaufmännische Direktor beim Hafenbetrieb, Matthijs van Doorn. Wasserstoff soll beim Übergang zur klimafreundlichen Energieversorgung entscheidend sein. Dabei geht es um grünen Wasserstoff, der mit Strom aus Wind oder Sonne produziert wird, wobei kein CO2 freigesetzt wird. Er lässt sich gut transportieren und lagern. Vor allem soll Wasserstoff in der Industrie und dem Transportsektor fossile Brennstoffe ersetzen. Durch die Umstellung könnten die Niederlande den jährlichen CO2-Ausstoß um 25 Prozent reduzieren. Doch zurzeit reicht die Produktionskapazität bei weitem nicht aus. Ein großer Teil des Wasserstoffs muss importiert werden. Deutschland will bis 2030 die Produktionskapazität durch das Elektrolyseverfahren auf mindestens 10 Gigawatt aufbauen. Selbst dann müssen nach Schätzungen der Bundesregierung noch 50 bis 70 Prozent importiert werden. Die Niederlande schätzen ihren Import-Bedarf sogar auf 80 bis 90 Prozent. Zum großen Teil soll Wasserstoff per Schiff im Rotterdamer Hafen ankommen und über das Netzwerk weiter transportiert werden. 

Ja ist denn heut‘ schon Weihnachten?

OGA vom 19. Oktober 2023 OBERHAVEL

DDR-Stollen backen – wo es ihn gibt und warum schon im Oktober

Süßer Genuss

Von Hand gebackener Stollen nach DDR-Rezept gehört zu Weihnachten – was drin ist, wo er in Oberhavel zu haben ist und warum er schon im Oktober gemacht werden muss.

Von Elisabeth Voigt

Saftiger, butteriger Stollen gehört zum Festessen in der Weihnachtszeit. Doch der industrielle Stollen aus dem Supermarkt ist oft eine arge Enttäuschung und hat mit handwerklich gebackenem Sollen rein gar nichts zu tun. Eine Möglichkeit wäre, ihn selbst zu backen. Warum es dafür aber kurz vor Weihnachten schon zu spät ist, erklärt eine, die es wissen muss.

„Stollen braucht nach dem Backen mindestens zwei Wochen, um zu reifen und seinen vollen Geschmack zu entwickeln – aber je länger er reift, desto besser schmeckt er“, sagt Karsta Klitzke, die im Café „Kunst und Filterkaffee“ in Hohen Neuendorf ihre Schwägerin, die Inhaberin Kirsten Zieske, beim Backen der Stollen unterstützt.

Stollen braucht nach dem Backen mindestens zwei Wochen, um zu reifen

Familienrezept aus DDR-Zeiten

Durch die Butter und das Schmalz, das in den Teig gehört, hält sich das Gebäck über Monate. „Dabei ist es wichtig, dass er gut eingewickelt in Alufolie und dann in einer Tüte oder Blechbüchse kühl und trocken lagert“, erklärt Klitzke. Der richtige Ort dafür sei aber nicht der Kühlschrank, sondern zum Beispiel eine Speisekammer oder der Keller. „Früher hat man den Stollen auf dem Schrank im Schlafzimmer aufbewahrt, weil es da immer kühl war“, erinnert sie sich an DDR-Zeiten.

Auch ihr Familienrezept stammt aus dieser Zeit. Damals habe das Rezept jeder in Büchern nachlesen können, es sei kein Geheimnis gewesen, sagt Klitzke. „Mehl, Hefe, gemahlene Mandeln – süße und bittere – Zitronat, Orangeat, Rosinen, ausgelassene Butter“, zählt Klitzke einige Zutaten auf, die sie zum Backen bereitgestellt hat. Sie setzt Mehl und Hefe für vier Stollen an, jeder soll zwei Kilogramm wiegen.

Die fertigen Stollen können im Advent im Café genossen werden, dürfen aber auch vor Weihnachten fürs Fest bestellt werden. „Ich finde es schade, dass es im Supermarkt schon ab September Weihnachtsgebäck gibt“, sagt Zieske. „Tradition bedeutet, dass man sich zu einer bestimmten Zeit darauf freuen kann, etwas Besonderes zu essen“.

„Außer Butterstollen machen wir auch Marzipanstollen“, sagt sie. Da alles selbst gebacken sei, könne sie auch auf spezielle Wünsche eingehen, etwa die Rosinen oder das Zitronat für Kunden weglassen, die dieses nicht mögen. Ein zwei Kilogramm schwerer Stollen kostet 45 Euro.

„Karsta backt schon immer den Stollen für die ganze Familie“, lobt sie ihre Schwägerin. Für Kuchen und Torten sei dagegen ihr Mann zuständig. So oder so kämen aber nur in Handarbeit verarbeitete natürliche Zutaten in die Backwaren des Cafés. In Hohen Neuendorf sei es nicht leicht, handgemachte Stollen zu bekommen, so Zieske. Die industrielle Ware könne nicht mithalten und auch die Bäcker seien oft nur Filialen großer Ketten. Derweil gibt Klitzke die Rosinen in den Teig, die vorher in Rum eingelegt werden, damit sie weich sind und an der Oberfläche nicht so leicht anbrennen. Die Früchte duften intensiv nach Rum. „Der Alkohol verfliegt beim Backen“, versichert sie. Wenn jemand das trotzdem nicht vertrage, sei es auch möglich Saft zu nehmen.

Besonderheit aus DDR-Zeit

Eine weitere Besonderheit des DDR-Rezepts sei auch, dass ein Teil Schweineschmalz und ein anderer Teil Butter in den Teig gehört, so Klitzke. Der Stollen ist daher nach dem klassischen Rezept nicht vegetarisch, kann jedoch auf Kundenwunsch hin auch mit anderem Fett gebacken werden.

„Im Advent gibt es im Café außerdem Festtags-Gugelhupf, ein gehaltvoller Früchtekuchen mit Rosinen, Haferflocken und Walnüssen, der in der alten Steinofenform meiner Eltern gebacken wird“, verspricht Zieske.

Beachten bei Bittermandeln

Bittermandeln sind durch ihren Blausäuregehalt in größeren Mengen giftig, geben dem Stollen jedoch seinen ganz besonderen Geschmack. Es ist daher wichtig, sich an die im Rezept angegebene Menge zu halten.

Im Supermarkt sind sie nicht erhältlich, aber Apotheken und Reformhäuser halten sie in der Weihnachtszeit bereit. Wem das alles zu riskant ist, der kann einfach etwas mehr süße Mandeln nehmen.

Hier gibt es den Stollen

Kunst und Filterkaffee, Schönfließer Str. 13, 16540 Hohen Neuendorf

Rezept für DDR-Stollen

Zutaten für den Stollen: 350 g Rosinen, 70 ml Rum, 150 ml Milch, 50 g Hefe, 120 g Zucker, 500 g Mehl, eine Prise Salz, 2 Päckchen Vanillezucker, 200 g lauwarme Butter, 60 g Schweine- oder Butterschmalz, je 50 g Zitronat und Orangeat, 100 g gemahlene Mandeln, 9 g blanchierte und gemahlene Bittermandeln, eine Prise Zimt, abgeriebene Schale einer Zitrone.

Zutaten fürs Buttern: 150 g Butter, 50 g Zucker, 250 g Puderzucker.

Am Tag vor dem Backen die Rosinen in Rum einlegen. Milch erwärmen, Hefe mit etwas von dem Zucker in der Milch auflösen und 15 Minuten ziehen lassen. In eine große Schüssel den restlichen Zucker und alle anderen Zutaten geben, außer den Rosinen.

Die Hefemilch angießen und den Teig fünf Minuten ausgiebig kneten. Danach abgedeckt 90 Minuten gehen lassen.

Ofen auf 175 Grad Ober- und Unterhitze vorheizen. Die eingelegten Rosinen in den Teig geben und nochmals gut durchkneten.

Teig zu einer langen Rolle formen und auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech legen. Mittig einschneiden und im Ofen auf mittlerer Schiene 50 Minuten backen.

Die Butter erwärmen und mit einem Backpinsel den noch warmen Stollen damit bestreichen. Mit Zucker und Puderzucker bestreuen.

Wenn die KI die Hausaufgaben macht

OGA vom 18. Oktober 2023 BRANDENBURG

Wirbel um Zensuren für KI-Hausaufgaben

Schule Kinder und Jugendliche greifen zu Künstlicher Intelligenz, produzieren Vorträge per Knopfdruck. Lehrer geben mal eine 1, mal eine 6 wegen Täuschung. Dabei gibt es klare Regeln für die Nutzung von ChatGPT.

Von Mathias Hausding

Sechste Klasse an einer Grundschule in Brandenburg: Im Fach Musik sollen zu Hause Vorträge über Pop-Stars erarbeitet und dann in der Schule präsentiert werden. Ein Schüler wählt Apache 207, macht seine Sache gut und erhält eine 1. Dann erzählt er in Gegenwart des Lehrers, dass er sich den Vortrag von der App ChatGPT hat schreiben lassen. Der Pädagoge geht nicht weiter darauf ein, die 1 bleibt. Andere Kinder werden stutzig: Sollten sie sich für ihr Referat trotzdem Mühe geben oder auch die Abkürzung nehmen?

Ganz anders der Fall an einem märkischen Gymnasium: Eine Zwölftklässlerin, für die es in dem Schuljahr auf jede Note ankommt, lässt sich einen Vortrag von ChatGPT schreiben. Der Lehrer schöpft Verdacht und gibt ihr eine 6. Das Mädchen und die Eltern sind empört. Die Klasse sei vorab nicht darüber informiert worden, dass die Nutzung von KI für den Vortrag tabu ist. Und was nicht verboten ist, ist erlaubt, argumentieren sie.

Leitfaden sagt Lehrern, wie sie mit dem neuen „Hilfsmittel“ umgehen sollen.

Willkommen im Schulalltag des Jahres 2023! Vor nicht einmal einem Jahr an den Start gegangen, stellen vor allem ChatGPT und ähnliche Programme das bisherige System der Leistungsbewertung infrage. Ein Elternsprecher, der dieser Zeitung die Geschichte von der Gymnasiastin mit der 6 erzählt hat, sieht Handlungsbedarf. „Auch mir war nicht klar, dass der Verdacht auf KI-Nutzung sofort eine 6 bedeutet. An unserem Gymnasium wurde bis jetzt noch nicht ausdiskutiert, wie damit umzugehen ist“, sagt der Vater. Er wünsche sich, dass den Schülerinnen und Schülern ein verantwortungsvoller Umgang mit Künstlicher Intelligenz beigebracht wird und dass neben den Gefahren auch die Chancen gesehen werden.

Was der Elternsprecher zum Zeitpunkt des Gesprächs nicht wusste: Es gibt dazu seit zwei Monaten einen Handlungsleitfaden des Bildungsministeriums für die Lehrkräfte. Darin wird auf 28 Seiten skizziert, wie die Pädagogen KI nutzen sollten und welche Kriterien bei der Bewertung gelten. „Lehrkräfte sind dazu angehalten, offen und konstruktiv mit diesen neuen Möglichkeiten umzugehen und sie im Unterricht zu thematisieren, um den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule zu erfüllen“, heißt es in dem Leitfaden.

Denise Sommer vom Grundschulverband Brandenburg lobt die Handreichung als übersichtliches und aussagekräftiges Material. Auf dem Bildungsserver gebe es dazu weitere Dokumente. „Die Herausforderung für Lehrer ist das Erkennen der KI-Texte“, sagt Denise Sommer. „Wir gehen davon aus, dass nicht immer die Quellen genannt werden.“ In den höheren Klassen dürfte das ein noch größeres Problem sein, vermutet sie. Deshalb sei das Land in der Pflicht, die Lehrkräfte endlich mit Dienst-Computern auszustatten beziehungsweise einen Zuschuss zu zahlen. In anderen Bundesländern sei das seit Jahren Standard.

Hartmut Stäker vom Brandenburgischen Pädagogen-Verband ergänzt zum Umgang mit KI, dass die von den Lehrern für eine bestimmte Aufgabe gesetzten Rahmenbedingungen entscheidend seien. Drei Möglichkeiten gebe es: 1. Die Nutzung ist erwünscht, um Potenzial und Risiko von KI kennenzulernen. 2. Die Verwendung von ChatGPT ist erlaubt, muss aber gekennzeichnet werden. 3. Jegliche Nutzung ist verboten, weil es in der Aufgabe darum geht, den Leistungsstand der Schüler zu testen.

So ähnlich wird das ab Seite 20 in dem Handlungsleitfaden ausgeführt. Aber schon im ersten Satz betont das Ministerium im Kapitel Leistungsbewertung, dass Veränderungen anstehen. „Aus der Verwendung von KI resultiert eine verstärkte Forderung nach einem Paradigmenwechsel in der Aufgaben- und Prüfungskultur“, heißt es dort. Der Trend gehe in Richtung höherer mündlicher Anteile, bei denen die Schüler nicht auf KI-Hilfsmittel zurückgreifen können.

Aufgaben anders formulieren

Für die oben genannten Fallbeispiele liefert der Leitfaden eine klare Antwort: „Für alle Leistungsüberprüfungen gilt derweil: Eine rein durch KI generierte Leistung ist keine eigenständige Leistung der Schülerin oder des Schülers.“ Werden KI-generierte Textpassagen ohne Kennzeichnung übernommen, handele es sich um eine Täuschung über die Autorenschaft. „Sofern die Verwendung von KI bei der Aufgabenstellung explizit ausgeschlossen wurde, handelt es sich zudem um die Verwendung eines unzulässigen Hilfsmittels und einen Täuschungsversuch.“

Tipp im Leitfaden für die Lehrkräfte, um daraus sich ergebenden Konflikten aus dem Weg zu gehen: Aufgaben von vornherein so stellen, „dass sie nicht ausschließlich mithilfe von KI erledigt werden können“. Hartmut Stäker betont, dass KI für alle Beteiligten in der Schule noch neu sei. Jener Lehrer, der den ChatGPT-Vortrag des Sechstklässlers durchwinkte, hätte zu dem Kind sagen sollen: „Schön, dass du damit umgehen kannst. Dann erklär uns allen doch jetzt bitte mal genau, wie man das macht!“

Der Haushalt 2024 / 2025 im Landkreis Oberhavel steht

OGA vom 17. Oktober 2023 TITELSEITE

Investitionen von rund 118 Millionen Euro geplant

Finanzen

Der Landkreis Oberhavel stellt den Haushaltsentwurf für die Jahre 2024 und 2025 vor. Die Kreisumlage bleibt weiterhin auf niedrigem Niveau.

Von Redaktion

Welche Einnahmen und Ausgaben Oberhavel künftig erwartet und wofür er das Geld ausgeben will, das legt der Haushaltsplan des Kreises fest. Für 2024 und 2025 stellten Landrat Alexander Tönnies (SPD) und Finanzdezernent Matthias Kahl jetzt den Entwurf des Doppelhaushalts vor. In den nächsten Wochen wird der Plan in den Gremien beraten, im Dezember liegt er zum Beschluss vor.

Erneut Doppelhaushalt

„Wir planen erneut mit einem Doppelhaushalt“, erläutert der Landrat in einer Pressemitteilung. „Einerseits haben wir dadurch auch langfristig Sicherheit für alle Planungen, zum Beispiel für unsere Investitionen, andererseits entfällt ein Planungsprozess. Das setzt nicht zuletzt auch personelle Ressourcen frei, die für andere Aufgaben genutzt werden können.“

Kämmerer Matthias Kahl sagt: „Oberhavel zählt hinsichtlich seiner finanziellen Leistungsfähigkeit und seiner Wachstumspotentiale weiter zu den stärksten Landkreisen Mittel- und Ostdeutschlands. Um diesem Anspruch auch künftig gerecht zu werden, müssen wir stetig prüfen, wie wir unsere Aufgaben wahrnehmen, wo wir nachsteuern müssen. Und auch neue Handlungsfelder gilt es zu integrieren. Auch darüber gibt der Haushaltsplan – mit der mittelfristigen Finanzplanung sogar bis in das Jahr 2028 – Auskunft.“

Deshalb waren dem Planungsprozess – vor allem vor dem Hintergrund künftiger Herausforderungen wie dem Umwelt- und Klimaschutz, dem demografischen und technologischen Wandel, aber auch dem weiteren Ausbau der wirtschaftlichen Stärke Oberhavels – zahlreiche Analysen und Diskussionsrunden über Ziele und künftige Entwicklungen des Kreises vorausgegangen. Auch mit der Bürgermeisterin, den Bürgermeistern und dem Amtsdirektor hat der Landkreis den Haushaltsplan schon erörtert.

Um auch den Städten und Gemeinden angesichts der steigenden Inflation und den damit in Verbindung stehenden Tariferhöhungen für beschäftigtes Personal die notwendige Planungssicherheit zu geben, wird der Landkreis die Kreisumlage auch in den kommenden zwei Jahren auf 32,3 Prozent belassen. Somit ergibt sich ein Defizit in Höhe von rund 9,4 Millionen Euro im Haushaltsjahr 2024 und von etwa 9,9 Millionen Euro im Jahr 2025. „Wegen unserer soliden Haushaltssteuerung und der positiven wirtschaftlichen Entwicklung Oberhavels in den vergangenen Jahren können wir das Defizit aus unserer Rücklage decken. Alle geplanten Investitionen werden wir damit aus eigener Kraft und ohne Kreditaufnahme stemmen“, sagt Matthias Kahl.

So plant der Kreis in den kommenden zwei Jahren Investitionen in Höhe von 118 Millionen Euro. „Dabei bleiben Investitionen in unsere vorhandenen und in neue Bildungsstandorte ein ganz zentraler Bereich“, so Kahl.  Zu den größten Haushaltspositionen der kommenden beiden Jahre zählen deshalb der Neubau einer Gesamtschule in Velten mit sieben Millionen Euro (Gesamtvolumen 38 Millionen Euro), der Umbau und die Erweiterung der Oberschule in Lehnitz mit neun Millionen Euro (Gesamtvolumen 20 Millionen Euro) sowie die Planungsleistungen für den Neubau einer weiterführenden Schule in Schönfließ.

Hier das Ergebnis der Abstimmung im Kreistag zur Unterbringung von Geflüchteten

OGA vom 13. Oktober 2023 TITELSEITE

Sporthalle als Unterkunft? Kreistag sagt „Nein“

Flüchtlinge Politiker fassen am Mittwoch in Sachen der Unterbringung von Geflüchteten einen Grundsatzbeschluss.

Von Marco Winkler

Kreisverwaltung und Politik wollen eine Unterbringung von Geflüchteten in Turnhallen vermeiden. Der Landkreis muss jedoch laut Prognose bis Jahresende noch 1000 Geflüchtete aufnehmen. Kapazitäten gibt es kaum, lediglich 200 Plätze in Unterkünften sind derzeit frei. Eine Idee für Zehdenick sorgte für Kontroversen. Jetzt gibt es eine Entscheidung:

Für Marwitz (90 Plätze), Lehnitz (200) und Oranienburg (100 am Luisenhof) hat der Kreis Pläne, die umgesetzt werden. Am Freitag bezieht die erste Familie aus Syrien die neue Gemeinschaftsunterkunft an der Straße „Hinter dem Schlosspark“ in Oranienburg. 15 Zimmer mit 50 Plätzen stehen Familien zur Verfügung. Überlegungen für Velten oder Liebenwalde sind unkonkret. In Zehdenick sollte eine Traglufthalle entstehen. Der Kreistag lehnte das Mitte September mit knapper Mehrheit ab. Die Verwaltung sah wegen mangelnder Alternativen keine andere Möglichkeit, als die Turnhalle am Wesendorfer Weg in Zehdenick als Notunterkunft vorzubereiten. Der Protest war laut. Landrat Alexander Tönnies (SPD) brachte jüngst den Ziegeleipark als Standort für die Traglufthalle mit 144 Plätzen ins Spiel. In einem Sonderkreistag am Mittwoch wurde erneut debattiert.

CDU-Kreischef Frank Bommert forderte, Bildungseinrichtungen und Sporthallen in Kreisträgerschaft generell als Notunterkunft auszuschließen. Die Linke unterstützte das, wollte aber Ausnahmen für einen „wie auch immer gearteten Katastrophenfall“ möglich machen. Das Wort „grundsätzlich“ sollte das ausdrücken. FDP/Piraten wollten zusätzlich den Landrat auffordern, Innenminister Michael Stübgen (CDU) anzuzeigen, dass Oberhavel keine Geflüchteten mehr aufnehmen kann. Ferner sollte der Landrat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auffordern, „ihre Bemühungen für eine Begrenzung irregulärer Migration“ zu verstärken. Für Katrin Gehring (CDU) geht es darum, Haltung zu zeigen. Sie drang auf die gemeinsame Entscheidung gegen eine Zweckentfremdung von Turnhallen und Schulen. Annemarie Wolff (SPD) betonte, dass zwei Pflichtaufgaben (Bildung und Asyl) zusammengebracht werden müssen. „Es hat den Anschein, wir müssen wählen zwischen Tragluft- und Sporthalle“, so Reiner Merker (Grüne).

Zehdenicks Bürgermeister Lucas Halle (SPD) richtete Worte an den Kreistag. „Sie haben heute die Möglichkeit, das Richtige zu tun gegenüber Eltern, Schülern, Lehrern, einer ganzen Kleinstadt und den Bewohnern des Bundesgebiets“, sagte er. Dem Kreis habe er einen Katalog mit Flächen, die Zehdenick für eine Traglufthalle abgeben würde, geschickt. „Was wir wollen, ist ein klares Bekenntnis gegen die Nutzung von Bildungseinrichtungen.“

Das bekam Zehdenick auch. Nachdem der Änderungsantrag von FDP/Piraten abgelehnt wurde, konnte die Linke gegen das Votum von CDU, AfD und Freie Wähler ihr gewünschtes Wort „grundsätzlich“ in den CDU-Antrag schreiben. Der Antrag „Keine Zweckentfremdung von Bildungseinrichtungen und Sporthallen“ wurde so einstimmig beschlossen. Damit ist klar, die Sporthalle in Zehdenick – und damit auch keine weitere Turnhalle im Kreis – kann nicht als Notunterkunft für Geflüchtete genutzt werden.