OGA vom 07. Dezember 2023 OBERHAVEL
Eltern fordern sicheren Schulweg
Verkehrssicherheit
Anfang September starb ein 14-jähriger Jugendlicher in Kremmen bei einem Unfall mit einem Bus. Eltern nehmen das zum Anlass, sich zu fragen, wie sicher Haltestellen sind.
Von Jessica Neumayer
Anfang September 2023 starb ein 14-Jähriger nach einem Unfall auf der Berliner Chaussee zwischen Kremmen und Amalienfelde. Der Schock sitzt bei vielen Eltern noch tief. In einem offenen Brief fordert die Schulkonferenz der Kremmener Goethe-Grundschule nun, dass Maßnahmen zum Schutz der Kinder vorgenommen werden. Konkrete Vorschläge haben sie ebenfalls.
Es war laut Polizei in diesem Jahr der dritte schwere Verkehrsunfall in Oberhavel, als am 5. September ein Jugendlicher von einem Bus der Oberhavel Verkehrsgesellschaft mbH (OVG) erfasst wurde. Der Junge war gerade aus dem Bus ausgestiegen und wollte die Straße überqueren, als ein anderer Bus aus der Gegenfahrbahn mit ihm kollidierte. Mit dem Hubschrauber wurde er ins Krankenhaus gebracht, in dem er seinen Verletzungen erlag.
Kremmen hat wiederholt Anträge an die Straßenverkehrsbehörde gestellt.
Seit dem Unfall sind die Eltern der Goethe-Grundschule mehr denn je in Sorge, ihre Kinder alleine in die Schule zu schicken. Sie fragen sich allgemein, ob der Schulweg ihrer Kinder so sicher ist, wie er sein müsste. Sie kommen zu einem ernüchternden Ergebnis. „Leider hält die tägliche Wirklichkeit dieser Frage nicht stand und beweist regelmäßig, dass noch längst nicht alles getan wurde, was getan werden könnte“, heißt es in einem offenen Brief, unterzeichnet von der Schul- sowie Elternkonferenz der Grundschule, adressiert an Landkreis, Polizeidirektion und Stadt Kremmen. Die Forderungen der Schulkonferenz sind auf den ersten Blick so simpel wie effektiv. Sie fordert, „dass an Bussen, die mit Warnblinkanlage an der Haltestelle stehen, in beiden Fahrtrichtungen nur mit Schrittgeschwindigkeit und ausreichendem Abstand vorbeigefahren werden darf“.
Die Idee ist nicht neu, sondern sogar in der Straßenverkehrsordnung (§16 und §20 STVO) vorgeschrieben. Neu ist hingegen die Forderung, dass diese Regelung an allen Haltestellen gelten soll, „sobald dort Schulkinder den Bus besteigen oder verlassen könnten“. Bisher gilt dies nur an Haltestellen, an denen die Straßenverkehrsbehörde dies angeordnet hat.
Im Brief wird bemängelt, dass diese Verkehrsregelung zu unbekannt sei. Mehr Präventionsarbeit sei nötig. „Tatsächlich haben viele Autofahrende nicht auf dem Schirm, dass bei eingeschalteter Warnblinklichtanlage nur in Schrittgeschwindigkeit vorbeigefahren werden darf“, bestätigt Joachim Lemmel, Pressesprecher der Polizeidirektion Nord. In Bezug auf die Forderung der Eltern, das öffentliche Bewusstsein zu schärfen, fügt er hinzu, dass die Polizei grundsätzlich immer dabei ist, zu informieren. „Wir werden prüfen, welche zusätzlichen Präventionsmaßnahmen noch umsetzbar sind“, so Lemmel.
Ebenso werden im Brief Busunternehmen angesprochen, ihre Mitarbeitenden zu instruieren. „Eine entsprechend der Straßenverkehrsordnung umgesetzte Änderung in den Arbeitsroutinen der Busfahrer sowie im Bewusstsein der Autofahrer verankerte Verhaltensänderung können zu einer sehr starken Reduktion der Risiken für die Kinder führen“, schreibt die Schulkonferenz.
„An vielen Haltestellen, an denen Schulkinder ihren Weg zum Bus oder nach Hause meistern müssen, lauern vermeidbare Gefahren“, heißt es im offenen Anschreiben. Gemeint sind beispielsweise Gefahren wie unsichere beziehungsweise fehlende Möglichkeiten eine Straße zu überqueren oder zu hohe Geschwindigkeitsvorgaben. Als Beispiel werden Haltestellen in Staffelde genannt.
Auch an die Eltern richtet sich das Schreiben. „Eine große Gefahrenquelle für alle Kinder geht von den Eltern aus, die das vor der Schule bestehende Halteverbot missachten oder in zweiter Reihe parken und ihren Kindern keinen noch so kleinen Fußweg zumuten wollen.“
Dies mache die Situation für alle Kinder unübersichtlich und folglich unsicher. Zudem würden Eltern auch an haltenden Schulbussen in solch einem erhöhtem Tempo vorbeifahren, dass ein rechtzeitiges Anhalten kaum noch möglich sei, heißt es im Brief. Womit die anfängliche Forderung, Busse mit eingeschalteten Warnblinklicht nur mit Schrittgeschwindigkeit passieren zu dürfen, nochmals untermauert wird.
Kremmens Bürgermeister Sebastian Busse (CDU) hat in Bezug auf den Brief eine besondere Stellung. Er ist sowohl Verfasser als auch Empfänger. Als Mitglied der Schulkonferenz hat er den Brief mitformuliert. „Der offene Brief ist nicht als Kritik gemeint, sondern als Unterstützung, um Felder aufzuzeigen, an denen nachgebessert werden kann“, sagt er auf Nachfrage. Er fügt hinzu, der Brief solle als Hinweis gesehen werden und zugleich als Aufforderung an die Fachämter, eine Stellungnahme abzugeben, ob die Verbesserungen, so wie die Konferenz sie sich denkt, möglich sind.
Die Stadt Kremmen hat laut Busse wiederholt Anträge an die Straßenverkehrsbehörde gestellt, unter anderem auf ein Überholverbot an bestimmten Bushaltestellen, Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 70 an allen Haltestellen, die außerhalb von Kremmen zwischen den Ortschaften liegen sowie die Einordnung gewisser Haltestellen als besondere Gefahrenpunkte. Bisher seien diese Anträge jedoch noch in Bearbeitung.