Im folgenden Artikel im OGA vom 15./16.06.2019 wird informiert, dass es endlich – zumindest in einigen Bundesländern – Pflegekammern gibt, die sich nun bundesweit organisieren möchten, damit „die größte Berufsgruppe im Gesundheitwesen“ bundesweit ihre Interessen vertreten kann.
Pflegekammer soll mehr Durchschlagskraft bringen
Interessenvertretung
Die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen will sich bundesweit
organisieren, um einen zentralen Ansprechpartner für die Politik zu
haben. Von Hajo Zenker
Eine bundesweite Vertretung für die rund anderthalb Millionen Beschäftigten in der Alten- und Krankenpflege in Deutschland ist ein Stück näher gerückt: Am Freitag gründeten die Landespflegekammern aus Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie der Deutsche Pflegerat in Berlin eine Pflegekammerkonferenz. Sie soll ab sofort die Interessen der größten Berufsgruppe im deutschen Gesundheitswesen vertreten und die Gründung einer Bundespflegekammer vorbereiten – analog zur Bundesärztekammer oder zur Bundesapothekerkammer.
„Die
professionell Pflegenden brauchen endlich eine kraftvolle Stimme auf
Bundesebene“, sagte die Präsidentin der Pflegekammer Niedersachsen,
Sandra Mehmecke. Auch der Präsident der Landespflegekammer Rheinland
Pfalz, Markus Mai, betonte, es sei „höchste Zeit, die Anliegen der
Pflegekräfte auf die Bundesebene zu bringen“. Er verwies darauf, dass
mit einem Schlag nun 250 000 professionelle Pflegekräfte mit einer
mindestens dreijährigen Ausbildung in Berlin eine Vertretung hätten.
Franz
Wagner, Präsident des Deutschen Pflegerats, des Dachverbandes von
Berufsverbänden des Pflege- und Hebammenwesens, erklärte, sein Verband
unterstütze die drei Kammern „als starker und erfahrener Vertreter auf
Bundesebene“. Alle Gründungsmitglieder betonten, es sei wichtig
„Gesetzgebungsprozesse auf Bundesebene im Interesse der
Pflegefachpersonen und der Pflegebedürftigen zu beeinflussen“.
Das
neue Gremium soll sich allerdings nicht nur um die Lobbyarbeit in der
Bundeshauptstadt kümmern. Es gehe auch darum, die von Land zu Land
unterschiedlichen Berufs- und Weiterbildungsordnungen für die
Pflegeberufe abzustimmen und zu harmonisieren. Zudem soll das neue
Gremium die Bildung weiterer Landespflegekammern, aktuell vor allem in
Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, unterstützen.
Der
langjährige Präsident des Pflegerates und heutige Pflegebevollmächtigte
der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, hat die Idee einer
Bundespflegekammer seit langem propagiert, um „sicherzustellen, dass die
in der Pflege Tätigen in allen Fragen der Gesundheitspolitik
verpflichtend zu beteiligen sind“. Er bezeichnete den Schritt am Freitag
denn auch als überfällig. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
unterstützt die Kammergründung ebenfalls, „weil Pflege eine gute
Interessenvertretung braucht“. Zustimmung kam auch von der Opposition.
Die Grünen-Pflegeexpertin Kordula Schulz-Asche sprach von einem
„historischen Tag für die Pflege in Deutschland“. Eine
Bundespflegekammer sei „eine Grundvoraussetzung für die moderne
Weiterentwicklung des Berufs in Zeiten des demografischen und
gesellschaftlichen Wandels“. Die pflegepolitische Sprecherin der
FDP-Bundestagsfraktion, Nicole Westig, nannte die Gründung der
Spitzenorganisation ein wichtiges Signal. Im Vergleich zu anderen
Branchen fehle es der Pflege „an einer starken, organisierten Stimme“.
Die Kammer könne „ein wichtiger Akteur sein, um die Pflegekräfte bei
ihrem Einsatz für bessere Arbeitsbedingungen und eine angemessene
Vergütung zu unterstützen“.
Wie
stark die Interessenvertretung tatsächlich wird, muss sich aber noch
zeigen. Mehrere Bundesländer haben sich gegen eine Kammer entschieden,
andere denken noch darüber nach.
Franz
Wagner jedenfalls wünscht sich eine möglichst breite Beteiligung. Denn
es fehle dem Berufsstand bisher „an der politischen Durchschlagskraft“.
Quelle: Publikation Märkische Onlinezeitung Regionalausgabe Oranienburger Generalanzeiger – Oranienburg Ausgabe Nr.137 Datum Samstag, den 15. Juni 2019 Seite Nr.25 Deep-Link-Referenznummer 44472620