Ja ist denn heut‘ schon Weihnachten?

OGA vom 19. Oktober 2023 OBERHAVEL

DDR-Stollen backen – wo es ihn gibt und warum schon im Oktober

Süßer Genuss

Von Hand gebackener Stollen nach DDR-Rezept gehört zu Weihnachten – was drin ist, wo er in Oberhavel zu haben ist und warum er schon im Oktober gemacht werden muss.

Von Elisabeth Voigt

Saftiger, butteriger Stollen gehört zum Festessen in der Weihnachtszeit. Doch der industrielle Stollen aus dem Supermarkt ist oft eine arge Enttäuschung und hat mit handwerklich gebackenem Sollen rein gar nichts zu tun. Eine Möglichkeit wäre, ihn selbst zu backen. Warum es dafür aber kurz vor Weihnachten schon zu spät ist, erklärt eine, die es wissen muss.

„Stollen braucht nach dem Backen mindestens zwei Wochen, um zu reifen und seinen vollen Geschmack zu entwickeln – aber je länger er reift, desto besser schmeckt er“, sagt Karsta Klitzke, die im Café „Kunst und Filterkaffee“ in Hohen Neuendorf ihre Schwägerin, die Inhaberin Kirsten Zieske, beim Backen der Stollen unterstützt.

Stollen braucht nach dem Backen mindestens zwei Wochen, um zu reifen

Familienrezept aus DDR-Zeiten

Durch die Butter und das Schmalz, das in den Teig gehört, hält sich das Gebäck über Monate. „Dabei ist es wichtig, dass er gut eingewickelt in Alufolie und dann in einer Tüte oder Blechbüchse kühl und trocken lagert“, erklärt Klitzke. Der richtige Ort dafür sei aber nicht der Kühlschrank, sondern zum Beispiel eine Speisekammer oder der Keller. „Früher hat man den Stollen auf dem Schrank im Schlafzimmer aufbewahrt, weil es da immer kühl war“, erinnert sie sich an DDR-Zeiten.

Auch ihr Familienrezept stammt aus dieser Zeit. Damals habe das Rezept jeder in Büchern nachlesen können, es sei kein Geheimnis gewesen, sagt Klitzke. „Mehl, Hefe, gemahlene Mandeln – süße und bittere – Zitronat, Orangeat, Rosinen, ausgelassene Butter“, zählt Klitzke einige Zutaten auf, die sie zum Backen bereitgestellt hat. Sie setzt Mehl und Hefe für vier Stollen an, jeder soll zwei Kilogramm wiegen.

Die fertigen Stollen können im Advent im Café genossen werden, dürfen aber auch vor Weihnachten fürs Fest bestellt werden. „Ich finde es schade, dass es im Supermarkt schon ab September Weihnachtsgebäck gibt“, sagt Zieske. „Tradition bedeutet, dass man sich zu einer bestimmten Zeit darauf freuen kann, etwas Besonderes zu essen“.

„Außer Butterstollen machen wir auch Marzipanstollen“, sagt sie. Da alles selbst gebacken sei, könne sie auch auf spezielle Wünsche eingehen, etwa die Rosinen oder das Zitronat für Kunden weglassen, die dieses nicht mögen. Ein zwei Kilogramm schwerer Stollen kostet 45 Euro.

„Karsta backt schon immer den Stollen für die ganze Familie“, lobt sie ihre Schwägerin. Für Kuchen und Torten sei dagegen ihr Mann zuständig. So oder so kämen aber nur in Handarbeit verarbeitete natürliche Zutaten in die Backwaren des Cafés. In Hohen Neuendorf sei es nicht leicht, handgemachte Stollen zu bekommen, so Zieske. Die industrielle Ware könne nicht mithalten und auch die Bäcker seien oft nur Filialen großer Ketten. Derweil gibt Klitzke die Rosinen in den Teig, die vorher in Rum eingelegt werden, damit sie weich sind und an der Oberfläche nicht so leicht anbrennen. Die Früchte duften intensiv nach Rum. „Der Alkohol verfliegt beim Backen“, versichert sie. Wenn jemand das trotzdem nicht vertrage, sei es auch möglich Saft zu nehmen.

Besonderheit aus DDR-Zeit

Eine weitere Besonderheit des DDR-Rezepts sei auch, dass ein Teil Schweineschmalz und ein anderer Teil Butter in den Teig gehört, so Klitzke. Der Stollen ist daher nach dem klassischen Rezept nicht vegetarisch, kann jedoch auf Kundenwunsch hin auch mit anderem Fett gebacken werden.

„Im Advent gibt es im Café außerdem Festtags-Gugelhupf, ein gehaltvoller Früchtekuchen mit Rosinen, Haferflocken und Walnüssen, der in der alten Steinofenform meiner Eltern gebacken wird“, verspricht Zieske.

Beachten bei Bittermandeln

Bittermandeln sind durch ihren Blausäuregehalt in größeren Mengen giftig, geben dem Stollen jedoch seinen ganz besonderen Geschmack. Es ist daher wichtig, sich an die im Rezept angegebene Menge zu halten.

Im Supermarkt sind sie nicht erhältlich, aber Apotheken und Reformhäuser halten sie in der Weihnachtszeit bereit. Wem das alles zu riskant ist, der kann einfach etwas mehr süße Mandeln nehmen.

Hier gibt es den Stollen

Kunst und Filterkaffee, Schönfließer Str. 13, 16540 Hohen Neuendorf

Rezept für DDR-Stollen

Zutaten für den Stollen: 350 g Rosinen, 70 ml Rum, 150 ml Milch, 50 g Hefe, 120 g Zucker, 500 g Mehl, eine Prise Salz, 2 Päckchen Vanillezucker, 200 g lauwarme Butter, 60 g Schweine- oder Butterschmalz, je 50 g Zitronat und Orangeat, 100 g gemahlene Mandeln, 9 g blanchierte und gemahlene Bittermandeln, eine Prise Zimt, abgeriebene Schale einer Zitrone.

Zutaten fürs Buttern: 150 g Butter, 50 g Zucker, 250 g Puderzucker.

Am Tag vor dem Backen die Rosinen in Rum einlegen. Milch erwärmen, Hefe mit etwas von dem Zucker in der Milch auflösen und 15 Minuten ziehen lassen. In eine große Schüssel den restlichen Zucker und alle anderen Zutaten geben, außer den Rosinen.

Die Hefemilch angießen und den Teig fünf Minuten ausgiebig kneten. Danach abgedeckt 90 Minuten gehen lassen.

Ofen auf 175 Grad Ober- und Unterhitze vorheizen. Die eingelegten Rosinen in den Teig geben und nochmals gut durchkneten.

Teig zu einer langen Rolle formen und auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech legen. Mittig einschneiden und im Ofen auf mittlerer Schiene 50 Minuten backen.

Die Butter erwärmen und mit einem Backpinsel den noch warmen Stollen damit bestreichen. Mit Zucker und Puderzucker bestreuen.

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