Videokameras privat richtig einsetzen – Datenschutz beachten!

OGA vom 06. Dezember 2023 WIRTSCHAFT

Nachbarsgarten ist tabu

Videoüberwachung

Wer sein Grundstück mithilfe einer Kamera im Auge haben will, muss auch die Rechte seiner Umgebung im Blick behalten.

Von Julia Kling

Eigentlich wollten sie nur ihren verwinkelten Eingangsbereich im Blick haben. Vom Türspion aus sehen die Müllers nur einen kleinen Teil ihres Grundstücks. Der Weg zur Haustür, der zwischen Wohnhaus und freistehender Garage hindurchgeht, ist nicht einsehbar. Gerade in den Wintermonaten, wo es lange Zeit am Tag dunkel ist, fühlte sich das Paar mit seiner fünfjährigen Tochter nicht wohl, berichtet Anja Müller. „Mit einer Überwachungskamera wollten wir diesen toten Winkel im Blick behalten.“ Doch mit dieser Entscheidung ging der Ärger erst los. Denn die Nachbarn der Müllers stören sich an der Kamera, da diese auch Teile ihres Gartens aufzeichne. „Das war uns bei der Installation nicht bewusst“, sagt Tobias Müller.

Mittlerweile habe ein Fachmann die Kamera so eingestellt, dass der Bereich der Nachbarn verschwommen dargestellt werde. Das reicht diesen aber nicht, sie wollen vor Gericht ziehen. Wie lässt sich also trotz naher Grundstückgrenzen eine Videoüberwachung installieren?

Auch eine Attrappe kann Druck ausüben.

Wo darf gefilmt werden? Wer eine Video-Anlage installieren will, darf damit nur das eigene Grundstück überwachen. Fremde Grundstücke oder öffentliche Wege sind tabu. Wer Passanten und Nachbarn filmt, verstößt gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Auch das Recht am eigenen Bild gilt es zu beachten. „Selbst eine Kamera-Attrappe kann nach Ansicht einiger Gerichte bei Menschen das Gefühl auslösen, überwacht zu werden, und sie unter Druck setzen“, erklären Verbraucherschützer.

Welche Kamera ist für die Überwachung geeignet? Die Verbraucherzentrale rät zu festinstallierten Modellen. Drehbare Modelle können unterschiedliche Blickwinkel einnehmen. Für Anwohner und Passanten ist so der einsehbare Bereich der Kamera nicht klar definiert. Das könne zu Unterlassungsansprüchen der Gefilmten führen.

Braucht es Hinweisschilder? Die Datenschutzbehörden sowie Verbraucherschützer weisen darauf hin, auch auf Privatgrund Besucher mit einem Schild auf die Videoüberwachung aufmerksam zu machen. „Wenn Sie die Regeln nicht einhalten und jemanden ohne dessen Einverständnis auf eigenem, fremden oder öffentlichen Grund filmen oder fotografieren, verstoßen Sie gegen das europaweite Datenschutzrecht und müssen damit rechnen, dass so gewonnene Beweisfotos in einem Strafprozess gar nicht verwertet werden dürfen.“ Zudem sei ein Bußgeld der Datenschutzbehörde möglich. Auch zivilrechtliche Ansprüche auf Unterlassung und Schadenersatz oder gar Schmerzensgeld seien denkbar, erklären die Verbraucherschützer.

Sind Ausnahmen möglich? Nur in wenigen Ausnahmefällen dürfen auch Nachbargrundstücke oder öffentliche Flächen gefilmt werden. Dazu müsse es jedoch einen schwerwiegenden Anlass geben. Dies könne der Fall sein, wenn eine Immobilie schon „mehrfach Opfer eines Einbruchs wurde“, so die Verbraucherschützer. Eine rein abschreckende Wirkung rechtfertigt der Konferenz der deutschen Datenschutzbehörde zufolge hingegen keine dauerhafte Überwachung.

Was gilt in einer WEG? Die Installation einer Videoüberwachungsanlage ist eine bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum und muss von der WEG mit einer einfachen Mehrheit beschlossen werden. Dabei gilt es jedoch einiges beachten. Etwa darf die Überwachung sich nur auf die Gemeinschaftsflächen erstrecken, nicht auf das Sondereigentum einzelner Eigentümer. Zudem muss der Beschluss „nicht nur die technische Installation regeln, sondern auch eine Nutzungsregelung enthalten“, erklärt Michael Nack, Rechtsreferent des Verbraucherschutzverbands Wohnen im Eigentum. Dazu zähle, welcher Bereich wozu wann überwacht wird, wie die Aufnahmen gespeichert werden, wer Zugriff darauf hat und wann sie gelöscht werden. Zudem müsse jemand für die Umsetzung verantwortlich sein. Das müsse am Ort der Überwachung durch einen Aushang ersichtlich sein. Auch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gelte es einzuhalten. „Wird keine Nutzungsregelung beschlossen, die den Anforderungen der DSGVO entspricht, besteht das Risiko, dass der Beschluss jederzeit von einem Gericht für nichtig erklärt werden kann“, gibt Nack zu bedenken.

Wie ein Blick durch den Spion

Der Postbote oder Bekannte? Mit einer Klingelkamera sehen Bewohner bereits bei geschlossener Türe, wer davor auf sie wartet. Die Bilder werden auf einen Bildschirm übertragen oder können auf dem Smartphone abgerufen werden. Auch hier darf ausschließlich der Privatbereich gefilmt werden. Das ist in Mehrparteienhäusern nicht so leicht zu bewerkstelligen, da der Eingangsbereich oft von mehreren Eigentümern genutzt wird. In einem Urteil von 2011 hat der Bundesgerichtshof festgelegt, dass der Einbau einer Kamera in ein Klingeltableau dann möglich ist, wenn die Kamera nur durch die Betätigung der Klingel aktiviert wird. Darüber hinaus soll die Aufnahmedauer maximal eine Minute betragen und das übertragene Bild lediglich in der Wohnung angezeigt werden, bei der auch geklingelt wurde. Ein dauerhaftes Aufzeichnen der Bilder ist unzulässig.

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Ich freue mich über diesen Artikel im heutigen OGA auf Seite 15.

Spricht er mir doch sehr aus der Seele; gehen Sie einmal durch den Wohnpark Sommerfeld spazieren und halten die Augen offen. Ja, Sie werden einige Kameras auf Privatgrundstücken endecken, die den oben aufgeführten Regeln nicht entsprechen.

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