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Landeselternrat Brandenburg hat große Sorgen wegen dem Lehrermangel

OGA vom 03. April 2024 BRANDENBURG

Deutsch und Mathe haben Priorität

Unterricht

Wegen Lehrermangel und Ausfall an Grundschulen machen sich Eltern in Brandenburg große Sorgen um die Schüler. Sie schlagen in der Not zwei konkrete Sofortmaßnahmen vor.

Von Mathias Hausding

Rund 430 Vollzeit-Lehrer-Stellen seien in Brandenburg unbesetzt. Rechnerisch ergebe das 215.000 Stunden Unterrichtsausfall allein im ersten Schulhalbjahr 2023/2024. Hinzu kämen krankheitsbedingte Ausfälle. Im Dezember 2023 habe der Krankenstand unter den Lehrkräften bei 17 Prozent gelegen. Der Landeselternrat (LER) trägt diese Zahlen vor, um einer großen Sorge Ausdruck zu verleihen.

„Die Bildungsdefizite der Kinder in Brandenburg verstärken sich weiter“, warnt die LER-Vorsitzende Ulrike Mauersberger. „Dagegen muss jetzt kurzfristig etwas getan werden.“ Nachdem die Eltern auf einen offenen Brief mit Forderungen an Ministerpräsident Dietmar Woidke im Dezember 2023 weder von diesem eine Reaktion erhalten hätten, noch von Bildungsminister Steffen Freiberg (beide SPD), startet der LER nun einen neuen Anlauf.

Angesichts der Bildungsdefizite fordert der Elternrat eine kurzfristige Reaktion.

Das Gremium möchte dabei zwei mögliche Sofort-Maßnahmen, die kein Geld kosten, in den Vordergrund rücken. Eine dieser Forderungen sei völlig neu. Eine Notlösung, nicht schön, aber vorübergehend notwendig, damit allen Kindern zumindest die Grund-Kompetenzen Lesen und Rechnen vermittelt werden, sagt Ulrike Mauersberger.

Es sei notwendig, insbesondere den Unterricht an den Grundschulen in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und der ersten Fremdsprache zu priorisieren. „Bevor Deutsch oder Mathematik ausfallen, fällt irgendein anderes Fach aus“, erklärt die LER-Vorsitzende. „Das heißt, notfalls übernimmt ein fachfremder Lehrer diese Stunden. Um mit Grundschulkindern zu lesen, muss man nicht Deutsch studiert haben. Die Lehrkräfte bringen Methodik und Didaktik aus ihrem Studium mit.“ Es gehe dem Landeselternrat um jene Kinder, die jetzt nicht richtig lesen lernen, weil Lehrkräfte fehlen.

Im Bildungsministerium stößt der Vorstoß auf Ablehnung. „Uns überrascht der Standpunkt des LER, dass fachfremde Lehrkräfte gerade die Kernkompetenz-Fächer Deutsch und Mathematik unterrichten sollen. Wir unterstützen diesen Ansatz nicht“, sagt Ministeriumssprecher Alexander Engels.

Das MBJS habe bereits kurzfristige Maßnahmen ergriffen, etwa die Festlegung, Schwerpunktstunden in den ersten vier Klassenstufen für Deutsch und Mathematik zu verwenden, oder das Angebot von Mustern für die schulinternen Fachpläne für Deutsch und Mathematik. „Darüber hinaus beraten inzwischen renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das MBJS, etwa die Mathematik-Professorin Susanne Prediger und Professor Ulrich Kortenkamp für Mathematik-Didaktik“, betont Engels.

Bei der zweiten vorgeschlagenen Sofort-Maßnahme der Elternvertreter sieht das Ministerium keine Dringlichkeit. So fordert der LER, das bislang freiwillige Leseband mindestens an allen Grundschulen zur Pflicht zu machen. „Das kann das Ministerium sofort umsetzen. Wir haben kein Verständnis dafür, dass das noch nicht passiert ist“, sagt Ulrike Mauersberger. Schließlich hätten Bildungstests erhebliche Lese-Defizite bei Schülern aus Brandenburg offenbart.

Leseband ist freiwillig

Das sogenannte Leseband sieht vor, dass Schülerinnen und Schüler an vier bis fünf Tagen pro Woche jeweils 15 bis 20 Minuten gemeinsam lesen, vor allem an Grundschulen, aber auch in den Klassenstufen 7 und 8. „Seit dieses erprobte Konzept in Brandenburg zum Schuljahr 2023/24 etabliert wurde, haben es mehr als 150 Schulen auf freiwilliger Basis eingeführt“, sagt Ministeriumssprecher Engels. „Insbesondere für Schulen mit einem hohen Anteil von Schülerinnen und Schülern, die Schwierigkeiten beim Lesen haben, ist die Teilnahme sinnvoll.“ Man wolle das Konzept den Schulen nicht über ihre Köpfe hinweg verordnen, betont Engels. Das Ministerium strebe jedoch auf Basis der in der jetzigen Erprobung gewonnenen Erkenntnisse eine grundständige Umsetzung des Lesebands an.

PISA-Studie und die richtigen Schlüsse?

OGA vom 14. Dezember 2023 BRANDENBURG

Sieben Aufträge an Woidke

Pisa-Schock

Der Landeselternrat Brandenburg verschärft die Gangart gegenüber der Regierung. Ein Anlass sind die Studien-Ergebnisse.

Von Mathias Hausding

Der Ton ist freundlich, aber in der Sache nehmen die Eltern kein Blatt vor den Mund. Sie haben den Eindruck, dass in Brandenburg trotz desolater Lage in der Bildung ein „Weiter so“ vorherrscht, dass sich die Koalition auf einigen wenigen unzureichenden Maßnahmen ausruht.

Deshalb wendet sich der Landeselternrat (LER) jetzt mit einem offenen Brief direkt an Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Er persönlich möge sich den schlechten Lernergebnissen, dem immer dramatischeren Lehrermangel und weiteren massiven Problemen an den Schulen widmen. „Wir bitten Sie eindringlich, das Thema Schulbildung in Brandenburg auf Ihren Tisch zu ziehen und jetzt zur Chefsache zu machen“, schreibt Ulrike Mauersberger, die Vorsitzende des Landeselternrats.

Einer der Kritikpunkte: Ein Psychologe für 8000 Schüler reicht nicht.

Die Eltern selbst hätten sich viele Gedanken gemacht, was zu tun ist. Sie kommen in dem Brief auf sieben Maßnahmen, die dringend in die Wege geleitet werden müssten.

1. Realistische Zahlen als Grundlage. Nötig sei eine ehrliche Bestandsaufnahme. Wie viele angehende Lehrkräfte brechen das Studium ab? Wie viele Pädagogen gehen wann in Pension? Darauf aufbauend müsse der Bedarf an Studienplätzen in Brandenburg ermittelt werden, und dann seien diese Plätze zwingend auch zur Verfügung zu stellen.

2. Absenken des Numerus Clausus für das Lehramtsstudium. Für Seiteneinsteiger gebe es diese Vorauslese schließlich auch nicht. Das Studium müsse dringend verkürzt und praxisnäher gestaltet werden, fordern die Eltern. Auch sollte es möglich sein, das Studium mit nur einem Fach zu beenden, um junge Lehrkräfte schneller an die Schulen zu bringen.

3. Halten junger Lehrkräfte in Brandenburg. Der LER regt Verbeamtung schon im Studium an sowie die Möglichkeit freiwilliger Mehrarbeit mit Vergütung oder dem Ansparen der erbrachten Stunden auf Langzeitkonten.

4. Vermitteln der Basiskompetenzen.Maßnahmen wie das „Leseband“ sollten an allen Grundschulen Pflicht sein, damit die Schüler überall die gleichen Chancen haben. 15 bis 20 Minuten an vier bis fünf Tagen pro Woche sollen Schülerinnen und Schüler demnach vor allem an Grundschulen konzentriert und gemeinsam lesen.

5. Schaffung von multiprofessionellen Teams. Um Lehrkräfte zu entlasten und Schülern Hilfen anbieten zu können, sollen Gesundheitsfachkräfte, Sozialarbeiter und Schulassistenzkräfte an jeder Schule Standard sein.

6. Mehr Schulpsychologen. Es werde noch immer zu wenig getan, um der gewachsenen Zahl von Schülern mit psychologischem Unterstützungsbedarf zu helfen. „Ein Psychologe für 8.000 Schüler stellt keine hinreichende Versorgung dar“, mahnt der LER.

7. Digitalisierung des Unterrichts. Landesweit müsse an den Schulen endlich leistungsfähiges Internet angeboten werden. Nötig sei auch die Ausstattung mit digitalen Endgeräten. Nur so könne man neue Wege gehen, etwa Hybridunterricht anbieten statt Unterrichtsausfall.

Die Elternvertreter bieten Dietmar Woidke bei der Umsetzung der Maßnahmen ihre Unterstützung an. „Der Landeselternrat ist sehr an einer konstruktiven Zusammenarbeit interessiert, aber ohne Ihre Unterstützung und ohne, dass Sie diesem Vorhaben Priorität einräumen, wird das nicht funktionieren“, gibt die LER-Vorsitzende zu bedenken.

Es bestehe akuter Handlungsbedarf. „Ein inakzeptabel hoher Anteil unserer Schülerinnen und Schüler kann nicht richtig lesen, versteht Texte und Zusammenhänge nicht, rechnet schlecht und ist nicht in der Lage, das gelernte Wissen in den Alltag zu transferieren“, erklärt Ulrike Mauersberger mit Verweis auf die jüngsten Testergebnisse. „Hinzu kommen Berichte von Schuleltern in diesem Land, die von massiven Unterrichtsausfällen, von Unterrichtseinheiten von fachfremden Lehrkräften über lange Zeiträume, von übervollen Klassenräumen und steigender Gewalt in Schulen berichten.“


Anmerkung:

„Ein inakzeptabel hoher Anteil unserer Schülerinnen und Schüler kann nicht richtig lesen, versteht Texte und Zusammenhänge nicht, rechnet schlecht und ist nicht in der Lage, das gelernte Wissen in den Alltag zu transferieren“, erklärt Ulrike Mauersberger mit Verweis auf die jüngsten Testergebnisse.

Sind es denn immer die Schulen, die fehlenden Lehrer, die fehlenden Psychologen? Was ist eigentlich mit der Betrachtung der Elternhäuser der Kinder, vor allem der auffälligen?

Wie verbringen die SuS ihre Freizeit? Werden die kids und Jugendlichen seitens der Eltern unterstützt? Sind nicht die sozialen Medien, Facebook, Instagram, TikTok u.a. diejenigen, die den größten Einfluss haben? Wie wird die Rechtschreibung und der Ausdruck in Chatverläufen bewertet?

Die Politiker, die Verantwortlichen der Schulen, die Lehrer auch die Technikausstattung kann noch so toll sein, wenn die SuS ihre Lernmittel beschmutzen, beschädigen oder gar zerstören (Gegenstände von hinten in den Computer gesteckt), die Tasten aus den Tastaturen popeln, Essensreste in CD-Player stecken oder die digitalen Tafeln anspucken und beschmieren – daran sind die Bedigungen schuld, oder eher die Sozialisation aus dem Elternhaus?