Der Landkreis und seine Schulen

OGA vom 23. November 2023 OBERHAVEL

Bürgermeister redet sich in Rage

Bildung

Das Löwenberger Land will die Trägerschaft des Schulzentrums Löwenberg an den Kreis abgeben.

Von Stefan Zwahr

Löwenberger Land. Als Brandrede wird ein Wortbeitrag bezeichnet, der eine Problematik initial thematisiert und bestimmte Missstände beschreibt. Eine flammende Rede dieser Art hielt Pieter Schneider, Bürgermeister vom Löwenberger Land, als im Bildungsausschuss des Kreises über die Zukunft vom Schulstandort Löwenberg diskutiert wurde. Der Verwaltungschef begründete die Ideen seiner Gemeinde – und redete sich dann in Rage.

Als Schneider am späten Montagabend das Wort ergriff, war die Tagesordnung fast abgearbeitet. Bis dahin hatte er schweigend und mit nachdenklicher Miene verfolgt, wie über den Schulneubau in Velten oder die Erweiterung von Bildungseinrichtungen in Oranienburg debattiert wurde. Als es um die Umsetzung der Trägerschaftsübernahme des Schulzentrums Löwenberg ging, war seine Zeit gekommen.

Darum soll der Träger wechseln

Zunächst begründete der Bürgermeister, warum sich die Gemeinde Löwenberger Land vom Schulzentrum Libertas – bestehend aus Grund- und Oberschule – trennen will. „Es geht auch um die Kosten. Wir sind gezwungen, den Standort abzugeben.“ Die Gemeinde sei schlichtweg nicht in der Lage, „das Angebot so aufrechtzuerhalten, wie es den Schülern gebührt“. Bei einem Vor-Ort-Termin im Spätsommer hatte Schneider den Ausschussmitgliedern die Raumnot und den Investitionsbedarf verdeutlicht.

Dass die Trägerschaft für das Schulzentrum an den Kreis gehen soll, ist mittlerweile unstrittig. Parteiübergreifend wird gefordert, die notwendigen Maßnahmen mit dem Löwenberger Land in die Wege zu leiten. „Die Übertragung (…) schafft kreisweit vergleichbare Lernbedingungen für Schülerinnen und Schüler und somit Chancengleichheit“, heißt es in einer Beschlussvorlage, die dem Kreistag am 6. Dezember zur Beschlussfassung vorgelegt wird. Da unter Vertretern von CDU, Bündnis 90/Die Grünen, BVB/Freie Wähler und Linke zuletzt in einer Arbeitsgruppe Einigkeit bei der Frage zur Zukunft des Schulzentrums herrschte (und auch die SPD gleichlautend argumentiert), scheint eine Mehrheit garantiert zu sein.

Die Kritik von Pieter Schneider

Diese Aussicht konnte Pieter Schneider nicht besänftigen. „Der Altkreis wird stiefmütterlich behandelt und bedacht“, ist sein Eindruck. Der Landkreis werde seiner Aufgabe, für eine ausgewogene Bildungslandschaft in Oberhavel zu sogen, seit Jahren nicht gerecht. „Wir sind seit 2018 der Bittsteller.“ So lange würde sich die Diskussion um die Schule schon ziehen. „Geben Sie ein Signal in den ländlichen Raum!“, rief er den Mitgliedern des Ausschusses zu.

Diese hatten zuvor drei Stunden lang über die angespannte Situation an den Schulen im Süden des Kreises diskutiert und nach Lösungen gesucht. Schneider mokierte sich darüber, dass erörtert worden sei, ob Schulwege „von vier oder fünf Kilometern zumutbar sind“. Für viele Kinder und Jugendliche zwischen dem Löwenberger Land, Zehdenick und Fürstenberg seien Wege von einer Stunde und mehr – „und das pro Fahrt“ – an der Tagesordnung.

Dass davon die Rede sei, kreisweit vergleichbare Lernbedingungen und somit Chancengleichheit schaffen zu wollen, sei nicht zu erkennen. Schneider sieht nicht, dass der ehemalige Kreis Gransee gleichberechtigt behandelt wird. „Wir sind aber nicht der Vorgarten vom Altkreis Oranienburg.“ Allerdings erkenne er auch da Missstände. „Ich habe den Glauben an den oft gelobten Oberhavel-Standard in unseren Schulen verloren. Es gibt in der Perspektive nur noch Container-Landschaften.“ Eine Anspielung darauf, dass an vielen Standorten Provisorien genutzt werden, um mehr Schüler unterbringen zu können.

Dieses Szenario drohe künftig auch den Einrichtungen nördlich der Kreisstadt – und damit auch Löwenberg. Im Zuge dessen muss investiert werden. Das Problem im Löwenberger Land: „Uns steht das Wasser bis zum Hals“, betont der Bürgermeister. In der Gemeinde würde es sieben Kindertagesstätten geben. „Diese Kosten fressen uns auf.“ Um bei den auch damit verbundenen Aufgaben handlungsfähig zu sein („Wir wollen investieren“), sei eine Entscheidung zum Schulzentrum in Löwenberg „unabdingbar, damit wir ernsthaft planen können“.

Schneider betont, dass seine Gemeinde auch im Bereich Bildung ihren Beitrag leisten wolle, „aber wir schaffen es nicht allein“. Die Kompetenzen (und die finanziellen Möglichkeiten) in der Verwaltung des Landkreises seien höher, um auf die künftigen Entwicklungen reagieren zu können.

Über die Frage, wann das Schulzentrum Libertas vom Kreis übernommen wird, herrscht unter den Parteien noch keine Einigkeit. Die an der Arbeitsgruppe Beteiligten wollen, dass der Entwurf eines öffentlich-rechtlichen Vertrages im ersten Halbjahr 2024 vorgelegt wird. „Wir brauchen für die Kommune einen verlässlichen Zeitplan“, betont Katrin Gehring (CDU). Eine Entscheidung vor der Kommunalwahl im Juni sei absolut wichtig.

Holger Mittelstädt, Bildungsdezernent des Landkreises, bemerkt: „Eine solche Frist ist aus Sicht der Verwaltung unrealistisch.“ Es sei nicht möglich, einen Vertrag bis dahin zu verhandeln. Auch Andrea Suhr (SPD) hat ihre Zweifel – bekräftigt aber, dass es auch im Sinne ihrer Fraktion sei, schnell zu einem Ergebnis zu kommen.

Karsten Kiesewetter nimmt Kreis in die Pflicht

Karsten Kiesewetter (BVB/Freie Wähler) pflichtet dem Bürgermeister bei.

Schulstandorte müssten aus seiner Sicht „dort aktiviert und gebaut werden“, wo es Zuzug gibt.

Junge Familien würden da leben wollen, wo Wohnraum noch bezahlbar ist. „Darum gibt es einen massiven Zuzug im ländlichen Raum.“

Schulen dürften nicht nur in den Städten entstehen. „Auch wir brauchen die Oberhavel-Standards. Es wird höchste Zeit, dass der Kreis Farbe bekennt.“

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