Asylsuchende und Flüchtlinge in Brandenburg

OGA vom 27. Februar 2024 BRANDENBURG

Zugewandert wird vor allem im Speckgürtel

Migration

In Brandenburg leben derzeit so viele Ausländer wie nie zuvor. Es sind nicht nur Flüchtlinge. Menschen kommen auch, um hier zu studieren oder zu arbeiten. Nicht wenige zahlen Steuern.

Von Janine Reinschmidt

Noch nie haben so viele Menschen aus dem Ausland in Brandenburg ein neues Zuhause gefunden. Seit Beginn der Flüchtlingskrise 2015 hat sich der Anteil der ausländischen Bevölkerung in Brandenburg von knapp 88.000 auf 198.000 (31. März 2023) mehr als verdoppelt. Aktuell beträgt der Ausländerteil in Brandenburg rund sieben Prozent.

Im bundesweiten Vergleich sind zwischen Havel, Spree und Oder dennoch wenige Ausländer registriert. Nordrhein-Westfalen liegt mit über drei Millionen Ausländern, das sind 15,6 Prozent der Gesamtbevölkerung, auf Platz 1. Die wenigsten Zugezogenen aus dem Ausland, knapp 116.000, verzeichnet hat das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Das entspricht einem Ausländeranteil von 6,5 Prozent.

Mit der Nähe von größeren Städten verbindet sich die Hoffung auf Arbeit.

Dass sich das Zusammenleben im Alltag schwierig gestaltet, weiß Doris Lemmermeier, Integrationsbeauftragte des Landes Brandenburg. Warum ist das so?

Probleme entstünden unter anderem in Alltagssituationen. Ein Klassiker sei die Begegnung an der Supermarktkasse mit Menschen, die eine andere Sprache sprechen. Kopfschütteln oder genervte Kommentare wie „Können die kein Deutsch?“ seien keine Seltenheit. Ganz zu schweigen von der Diskriminierung, die stattfindet.

Für die Zugezogenen, die sich integrieren wollen, mangelt es aber zum Teil an Sprachkursangeboten. Hier trage die Politik Schuld. „Vor allem Menschen, die auf dem Land leben, sind benachteiligt“, erklärt Doris Lemmermeier. Dort seien die Angebote spärlich.

Ein weiteres Problem sieht sie im Umgang mit dem Begriff „Ausländer“. Viele setzen den Begriff Ausländer mit Flüchtlingen oder Asylbewerbern gleich. Dabei haben lediglich 30 Prozent der Ausländer in Brandenburg einen Flüchtlingsstatus.

Eine mangelhafte Integration hängt nicht nur von fehlenden Sprachkursen ab. Sie liegt oft in vielen bürokratischen Hürden begründet. Etwa der Anerkennung der Abschlüsse oder die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung, die für die Aufnahme einer Arbeit Voraussetzung ist. Dass eine unbürokratische Integration in den deutschen Arbeitsmarkt theoretisch möglich sein kann, zeigt der Umgang mit Geflüchteten aus der Ukraine. Tausende Schutzsuchende sind in den vergangenen zwei Jahren aus der Ukraine nach Brandenburg gekommen. Ihnen wurde, anders als bei Flüchtlingen gewöhnlich, ein direkter Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt.

Doch es ist nicht immer die Flucht vor einem Krieg, einer humanitären Katastrophe oder einer Verfolgung, die Menschen zwingt, ihr Land zu verlassen. In Brandenburg leben eben auch die, die zum Studieren oder Arbeiten hergekommen sind. Letzteres betreffe vor allem die polnische Bevölkerung. „Entgegen dem Stereotyp zahlen viele Ausländer Steuern und die meisten Flüchtlinge wollen so schnell wie möglich arbeiten, dürfen es aber oft nicht“, sagt Doris Lemmermeier.

Zudem denkt die Integrationsbeauftragte auch an jene, die Deutschland wieder verlassen. Das bedauere sie. „Wir sind auf Zuwanderung im Land angewiesen“ – gerade im Hinblick auf den anhaltenden Fachkräftemangel. Nach Angaben des IHK- „Fachkräfte Monitor Brandenburg“ wird die Zahl der fehlenden Fachkräfte von 56.000 (Stand 2019) auf 90.000 (berechnet für das Jahr 2030) steigen.

Wie aber gehen die Ämter und Behörden mit dem stetigen Anstieg der Zugezogenen aus dem Ausland um? Kommen die Ausländerbehörden an ihre Grenzen? Kora Kutschbach, Pressesprecherin der Stadt Frankfurt (Oder), berichtet, dass die steigende Zahl ausländischer Menschen spürbar sei. Von einer Überforderung könne aber keine Rede sein. Um dem Anstieg der Ausländerzahl personell gerecht zu werden, habe die Stadtverwaltung entschieden, eine weitere Stelle in der Ausländerbehörde einzurichten.

Juliane Güldner, Pressesprecherin der Stadt Potsdam, teilt mit, dass die Ausländerbehörde stark belastet sei. Dies wirke sich auf Kunden und Mitarbeitende aus. „Betroffene müssen sich auf Terminvorlaufzeiten von bis zu drei Monaten sowie längere Bearbeitungszeiten bei der Prüfung von Aufenthalts- und Erwerbsrechten einstellen.“

Dass gerade Großstädte von einem enormen Anstieg Zugezogener aus dem Ausland betroffen sind, ist nach Ansicht von Doris Lemmermeier kein Zufall. Die Nähe zur Stadt sei bei der Wohnortswahl entscheidend. „Die Menschen erhoffen sich dort einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt“, erklärt sie.

Weniger Zugezogene am Rande

Mit fast 25.000 Zugezogenen aus dem Ausland (Stand 31. August 2023) hat Potsdam die meisten Ausländer. Dicht gefolgt von der Stadt Cottbus und vom Landkreis Oder-Spree. „Als Grund anzunehmen ist dafür der Sitz der Zentrale Ausländerbehörde (ZABH) in Eisenhüttenstadt“, sagt Doris Lemmermeier. Die Randgebiete in Brandenburg, wie etwa der Landkreis Elbe-Elster (3775 Ausländer) oder die Prignitz (4910 Ausländer) verzeichnen die wenigsten Zugezogenen.

Weiterhin zeigt sich, dass der Speckgürtel bei Ausländern attraktiv ist. Er bietet neben einer raschen Stadtanbindung in Richtung Berlin und Potsdam Ruhe und Erholung im Grünen.

Unterschied zwischen Asylsuchenden und Flüchtlingen

Asylsuchende suchen Schutz vor unter anderem politischer Verfolgung nach Art. 16a GG oder suchen internationalen Schutz nach der entsprechenden Richtlinie der EU. Die Gewährung des Asylstatus führt zur Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Demnach sind Flüchtlinge ausländische Personen, die bereits einen Status erhalten haben. Das Asylverfahren ist abgeschlossen. Entscheidend für den Flüchtlingsstatus ist jedoch, dass eine Verfolgung nachgewiesen werden kann.

Der rechtliche Unterschied führt zu unterschiedlichen festgelegten Behandlungen, Leistungen und Ansprüchen.

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