Schulen in Oberhavel und kein Ende…

OGA vom 30. Oktober 2023 TITELSEITE

Eltern fordern mehr Tempo beim Schulbau

Bildung

Schüler in Containern sowie Neubauten von teils sehr großen Schulen: Die Schulpolitik des Kreises Oberhavel stößt auf Kritik.

Von Roland Becker

Die weiterführenden Schulen in Oberhavel platzen aus allen Nähten. Der Kreis kommt kaum noch hinterher, genügend Schulplätze zur Verfügung zu stellen. Das ruft auch den Kreiselternrat auf den Plan. Dieser äußert an der jetzt im Kreistag vorgelegten Novellierung des Schulentwicklungsplans deutliche Kritik. Was halten die Elternvertreter vom großen Schulneubau in Velten, von der verweigerten Oberschule für Oberkrämer und den Container-Schulen?

Der aktuelle Schulentwicklungsplan ist gerade mal eineinhalb Jahre alt und schon Makulatur. Die Folge: Unter dem Druck, dass für das Schuljahr 2024/25 nach aktuellem Stand 261 Plätze fehlen, muss der Kreis zu Notlösungen greifen. „Wir haben die Situation, dass dauerhaft der Realität hinterhergelaufen wird. Für die Schulsituation der Kinder ist das ein Drama“, schlägt Alexander Krupp, Sprecher des Kreiselternrats, Alarm.

Unsere Kinder sitzen in Containern und müssen in drei Schichten zum Mittagessen.

Der Realität hinterherzulaufen bedeutet, dass viele Kinder und Jugendliche künftig in Containern unterrichtet werden. Vom Landkreis wird dafür das Wort Modulbauten verwendet. Klingt besser, beschönigt aber einiges. „Da sitzen unsere Kinder in Blechcontainern und müssen in drei Schichten zum Mittagessen. Auf dem Schulhof haben sie keine Chance, sich aus dem Weg zu gehen“, spielt Krupp darauf an, dass die Enge zu mehr verbalen und körperlichen Attacken führen kann.

In der jetzigen Situation gibt es zu den Containern keine Alternative, räumt der Kreiselternsprecher ein. „Man kann die Kinder nicht auf den Hof stellen und im Regen unterrichten.“ Das bedeutet aber auch, dass Sporthallen, Pausenräume und Mensen viel mehr Schülerinnen und Schüler verkraften müssen. Dazu komme, dass teilweise Fachkabinette in Klassenräume umgewandelt werden. Auch Räume für den Teilungsunterricht fehlen.

Krupp, der auch Mitglied des Landeselternrates ist, hat einst große Hoffnungen in den neuen Landrat gesetzt. Er erinnert daran, dass Alexander Tönnies (SPD) Anfang 2022 in seinem Wahlkampf öffentlich versprochen habe, Oberhavel zum Bildungslandkreis aufsteigen zu lassen. „Es wäre schön, wenn wir das hinbekommen“, meint der Elternsprecher heute und fordert deshalb mehr Tempo beim Bau von Schulen.

Es wird noch Jahre dauern, ehe geplante Neubauten wie die Gesamtschule in Velten oder die in Schönfließ – diese soll frühestens 2030/31 fertig sein – für spürbare Entlastungen sorgen. „Das hilft vielleicht Kindern, die jetzt in die erste Klasse kommen. Aber es hilft nicht den jetzigen Siebtklässlern“, kritisiert der in Glienicke lebende dreifache Vater das aus seiner Sicht mit angezogener Handbremse gefahrene Tempo für die Bauvorhaben. In Namen des Kreiselternrats fordert er: „Wir wünschen uns eine beschleunigte Planung.“

Krupp hat den Entwurf für den zu modifizierenden Schulentwicklungsplan genau gelesen. Dabei fallen ihm Formulierungen wie diese auf: „Die Barbara-Zürner-Oberschule soll dabei als bestehende Einrichtung erhalten bleiben.“ Der Elternvertreter möchte das klarer gefasst wissen. „Die Schule wird erhalten“, fordert er für die Veltener Bildungseinrichtung.

Wenige Hundert Meter entfernt soll neben Veltens Gymnasium eine Gesamtschule entstehen. Auch unter den Kreistagsabgeordneten sind längst nicht alle damit einverstanden, dort eine fünfzügige Schule zu errichten. Krupp hält sich mit Kritik an dieser Stelle zurück. Das hat weniger damit zu tun, dass er dazu garantiert eine Meinung hat, als damit, dass sich der Kreiselternrat Mitte Oktober neu konstituierte. Daher müssen zu einigen Problemfällen in der Schullandschaft erst noch gemeinsame Positionen gefunden werden.

Seine eigene Meinung aber steht fest: „Es sollten keine extrem großen Schulstandorte entwickelt werden.“ Er plädiere getreu dem bisherigen Motto des Kreiselternrates – Kurze Wege für kleine Füße – für dezentrale Bildungseinrichtungen. Indirekt kann das als ein Appell zum Bau einer weiterführenden Schule in Oberkrämer verstanden werden. Im Landratsamt, wo man sich beharrlich dagegen wehrt, wird das nicht gern gelesen werden.

2 Gedanken zu „Schulen in Oberhavel und kein Ende…“

  1. OGA vom 30. Oktober 2023 TITELSEITE

    Kommentar von Roland Becker zu fehlenden Schulplätzen
    Klotzen statt kleckern

    Dass der Süden Oberhavels im Speckgürtel von Berlin liegt, muss man niemanden erklären. Moment mal! Ist das auch im Landratsamt angekommen? Jein. Die bisherige Schulentwicklungsplanung lässt vermuten, dass der stete Zuzug aus Berlin eher ignoriert wurde. Anders lässt es sich kaum erklären, dass dieser erst gut ein Jahr alte Plan jetzt schon wieder novelliert werden muss. Natürlich spielt auch der Anstieg der Flüchtlingszahlen eine Rolle, dass es längst zu eng in den kreiseigenen Schulen ist. Wären die dem Plan zugrundeliegenden Zahlen nicht stets auf Kante genäht worden, würde es jetzt nicht diese extremem Probleme geben. Was bleibt, sind vorerst Notlösungen, und die sind nie die besten. In diesem Fall sind es Containerbauten. Das heißt auch, dass sich auf den Schulhöfen und in den Turnhallen mehr Kinder und Jugendliche drängen müssen. Wenn der Schulentwicklungsplan jetzt notgedrungen schon wieder modifiziert werden muss, darf auf keinen Fall gegeizt werden. Das Ziel sollte klar sein: Jetzt muss so geplant werden, dass Luft nach oben ist. Sonst zeigt sich der Landrat in ein, zwei Jahren wiederum vom überraschenden Zuzug überrumpelt.

    1. Ihre Aussage, Herr Becker: „Die bisherige Schulentwicklungsplanung lässt vermuten, dass der stete Zuzug aus Berlin eher ignoriert wurde.“

      ist dann doch etwas polemisch, das merken Sie selbst?

      Auch die Verwaltung des Landkreises arbeitet mit Erfahrung, mit Zahlenmaterial, mit Entwicklungen etc., nicht jedoch mit einer Glaskugel. Hinterher „klugscheißen“ kann jeder. Es hat aber niemand damit gerechnet, dass überproportional viele Schüler von ihren Eltern nicht in den Gymnasien des Kreises angemeldet wurden, sondern eben in Gesamt- und Oberschulen.
      Vielleicht machen Sie sich hier an dieser Stelle einmal Gedanken über die Hintergründe?
      Ich habe mir meine Gedanken gemacht und bereits hier auf dem Blog kundgetan.
      Es ist die Art und Weise der Bildung, der Bildungsgrad der Eltern, der möglicherweise hier einen großen Einfluss hat.
      Aber wie bereits an anderer Stelle geschrieben, die Mitarbeiter des Fachbereiches Schulbau und -ausstattung haben kurzfristig, nachdem klar war wo die Reise hingeht, den Auftrag zur Erweiterung der vorhanden Schulen bekommen.
      Nun schauen Sie sich im Baugewerbe einmal um, hier warten die Baufirmen nicht darauf, dass endlich neue Schulen gebaut werden sollen; nein, die Auftragsbücher sind voll. Es ist also verdammt schwierig überhaupt noch Kapazitäten zu finden…Thema Fachkräftemangel (?).
      Dass die Kolleginnen und Kollegen es dennoch geschafft haben, Räume (wenn auch in Containern) für den Unterricht bereitzustellen und sogar mit digitaler Technik ausgerüstet, dass gehört doch eher nicht zur Kritik!
      Der Mensch ist seines Glückes Schmied!
      Forderungen sind schnell aufgestellt, für die Umsetzung sollen aber andere Verantwortlich sein – keine schöne Entwicklung dieser egoistischen Gesellschaft; frei nach dem Motto „sollen die anderen machen, dann bin ich nicht schuld“.
      Übrigens, so eine Schule, egal ob als Erweiterung oder Neubau ist nicht billig und es zahlt der Steuerzahler!
      Dies sollte sich der Kreiselternrat auch in Erinnerung rufen.

      Für sachliche und fundierte Diskussionen zu diesem Thema
      ist der Kreis offen, für Polemik, untragbaren Forderungen etc. eher nicht.

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