Schlagwort-Archive: AfD

Geht’s noch?

War nicht anders zu erwarten!

OGA vom 17. Januar 2024 BRANDENBURG

AfD-Fraktion steht zu ihrem Sprecher

Landtag

Fraktionschef verteidigt Treffen radikaler Rechter. CDU will die Finanzierung von rechten Kreisen aufdecken.

Von Ulrich Thiessen

Potsdam. AfD-Bundeschefin Alice Weidel hat sich von ihrem Mitarbeiter Roland Hartwig getrennt. Der Druck war zu groß, nachdem bekannt geworden war, dass Hartwig im November an einem Geheimtreffen in der Potsdamer Villa Adlon teilgenommen hatte. Dabei hatte der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, einen Vortrag darüber gehalten, wie Migration nach Deutschland rückgängig gemacht werden soll. Das Investigativ-Journalistenbüro Correctiv hatte Recherchen zu dem Treffen veröffentlicht, auf dem auch Unternehmer und einzelne Mitglieder der Werteunion über die Ausweisung von Menschen mit Migrationshintergrund diskutiert haben sollen. Auch der stellvertretende Kreisvorsitzende der AfD Potsdam und Pressesprecher der Landtagsfraktion Tim Krause hatte an dem Treffen teilgenommen.

Zutrittsverbot für Tim Krause?

Auf der wöchentlichen Sitzung der Landtagsfraktion am Dienstag fehlte Krause. Fraktionschef Hans-Christoph Berndt erklärte, dass man verhindern wollte, dass Krause sich für seine Teilnahme an einer „Privatveranstaltung“ rechtfertigen müsse. Die Landtagsfraktion sehe keinen Grund, sich von einem Mitarbeiter zu trennen. Berndt verteidigte das „Privattreffen“, wie er die konspirative Veranstaltung mehrfach nannte, und stilisierte die Teilnehmer als Opfer hoch, die mit „Stasimethoden“ ausspioniert worden seien. Auch die umstrittenen Pläne der Identitären Bewegung (die auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD steht), versuchte Berndt umzuinterpretieren. Es sei nicht die Rede von Deportation von Menschen mit Migrationshintergrund gegangen, sondern von „Remigration“.

SPD, CDU und Grüne waren sich auf einer gemeinsamen Pressekonferenz nicht einig, ob man ein Verbotsverfahren gegen die AfD anstrengen sollte. Die Grünen sind dafür, kein Mittel im Kampf gegen die AfD unversucht zu lassen, CDU und SPD warnen davor, dass das Verfahren schwierig und der Ausgang ungewiss sei. SPD-Fraktionschef Daniel Keller kündigte an, im Präsidium des Landtages zu diskutieren, ob man Tim Krause ein Zutrittsverbot für den Landtag aussprechen kann. CDU-Fraktionschef Jan Redmann betonte, dass das Treffen in der Potsdamer Villa ein Schlaglicht darauf geworfen habe, wie die rechtsextreme Szene durch Kontakte in die Wirtschaft versuche, sich zu finanzieren. Das müsse man aufdecken.


Ich bin gespannt, wie Herr Bommert darauf reagiert.

Rechte Deportations-Pläne der AfD und der WerteUnion

OGA vom 13. Januar 2024 BRANDENBURG

„Rassistisch und antidemokratisch“

Reaktion

Ein Brandenburger Jurist äußert sich zu rechten Deportations-Fantasien. Sein Fazit ist eindeutig.

Von Bodo Baumert

Potsdam. Es ist ein Geheimtreffen, das es in sich hat. In einem Hotel am Lehnitzsee nördlich von Potsdam sollen sich Ende November Aktivisten aus der rechtsextremen Szene mit Vertretern der AfD, Mitgliedern der Werte-Union in der CDU und rechten Unternehmern getroffen haben. Das haben Journalisten von Correctiv aufgedeckt. Vorgestellt wurden bei dem Treffen Pläne für eine „Remigration“, wie es beschönigend im Jargon rechtsextremer Kreise heißt. Gemeint ist eine großangelegte Deportation von Asylbewerbern, Ausländern und „nicht assimilierten Staatsbürgern“.

„Im Grunde laufen die Gedankenspiele an diesem Tag alle auf eines hinaus: Menschen sollen aus Deutschland verdrängt werden können, wenn sie die vermeintlich falsche Hautfarbe oder Herkunft haben. Auch, wenn sie deutsche Staatsbürger sind“, fassen die Journalisten von Correctiv, die das Treffen gefilmt und beobachtet haben, zusammen.

Es ist bereits heute möglich, die doppelte Staatsbürgerschaft zu entziehen.

Doch wären solche Pläne heute, im Nachkriegs-Deutschland mit seinem Grundgesetz überhaupt noch möglich? Der Jurist und Völkerrechtler Simon Gauseweg hat die bei dem Geheimtreffen vorgestellten Ideen für diese Zeitung analysiert. Der Akademische Mitarbeiter der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) kommt dabei zu einem eindeutigen Urteil: „Was auf der Konferenz diskutiert und wohl auch gefordert wurde, ist in erschreckendem Maße antidemokratisch und rassistisch. Die dortigen kolonialistischen Vorstellungen sind mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.“

Grenzen für Abschiebung

Doch der Reihe nach. Ist es überhaupt möglich, Menschen einfach so aus Deutschland hinauszuwerfen? „Das kommt darauf an, welche Gruppe man betrachtet“, sagt Simon Gauseweg. „Es ist jetzt bereits möglich, Ausländer abzuschieben und von diesen Möglichkeiten wird auch immer wieder Gebrauch gemacht.“ Aus rein rechtlicher Sicht sei es vergleichsweise einfach, etwa Asylbewerber abzuschieben. Dafür gibt es allerdings auch juristische Grenzen und Rechte der Betroffenen. Anders sieht das zum Beispiel bei Ehepartnern deutscher Staatsangehöriger und deutschen Staatsbürgern selbst aus. „Wer Staatsangehöriger ist, hat ein Recht darauf, sich auf dem Staatsgebiet aufzuhalten. Das ist ja gerade der Sinn der Staatsangehörigkeit. Die dauerhafte Verbannung unliebsamer Personen, wie sie im Mittelalter bis in die frühe Neuzeit praktiziert wurde, ist unter dem Grundgesetz nicht möglich“, so Gauseweg.

Wäre es aber möglich, Deutschen ihre Staatsbürgerschaft zu entziehen, wie das auch bei dem Geheimtreffen diskutiert worden sein soll? „Ist die deutsche Staatsangehörigkeit die einzige Staatsangehörigkeit eines Menschen, dann kann sie nicht entzogen werden. Das ist eine der Lehren aus der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft“, erläutert Gauseweg. Juden sind vom NS-Staat zu Staatenlosen erklärt worden. „Im Grundgesetz ist es für Deutsche daher zu Recht ein Grundrecht, die deutsche Staatsangehörigkeit behalten zu dürfen“, ordnet der Völkerrechts-Experte ein. Selbst wenn eine künftige Regierung die Verfassung in diesem Punkt ändern wollte, würde Deutschland damit gegen das Völkerrecht verstoßen.

Eine Bundestagsabgeordnete der AfD schlägt laut Recherchen bei dem Treffen vor, zumindest Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft die deutsche entziehen zu wollen. „Das wäre prinzipiell möglich, wenn man das Staatsangehörigkeitsrecht entsprechend anpasst“, sagt Gauseweg. In der Vergangenheit sei das auch schon gemacht worden, etwa um IS-Angehörigen mit deutscher Staatsangehörigkeit eben diese entziehen zu können, wenn sie sich an Kampfhandlungen terroristischer Vereinigungen im Ausland konkret beteiligen. „Ich halte das für völkerrechtlich sehr fragwürdig und auch verfassungsrechtlich nicht unproblematisch. Die Regelung ist aber seit einigen Jahren geltendes Gesetz in Deutschland“, sagt der Viadrina-Jurist.

Noch problematischer sind die bei dem Geheimtreffen geäußerten Vorstellungen, einen „Musterstaat“ in Afrika zu gründen, in dem man dann unliebsame Ausländer und „Nicht-Assimilierte“ abschieben könnte. „Das klingt nach dem Kolonialismus des 19. Jahrhunderts. Damals gab es Konstruktionen, nach denen Menschen zwar in einer Kolonie lebten, rechtlich aber keine Verbindung zur Kolonialmacht hatten und damit gerade nicht als Staatsangehörige galten“, ordnet Gauseweg ein. „Mit dem Grundgesetz ist so etwas aber nicht möglich. Dabei mache es keinen Unterschied, ob der Staat im Inland oder im Ausland tätig werde.

Für Deutsche sei es ohnehin nicht möglich, sie in eine solche Kolonie oder „Sonderwirtschaftszone“ zu verbannen. Man könne einem deutschen Staatsangehörigen nicht verbieten, in Brandenburg noch in einem anderen Teil seines Staates zu leben. „Wer so eine Kolonie fordert, will bewusst die Prinzipien des Rechtsstaates mindestens umgehen, effektiv aber abschaffen“, lautet Gausewegs Fazit.

Die AfD streitet um die interne Macht – wäre die Auflösung nicht besser?

OGA vom 13. Januar 2024 BRANDENBURG

Ränkespiel in der AfD

Machtfrage

Vordergründig dreht sich der Streit um Termine und einen Parteitag. Aber dahinter geht es darum, wer das Sagen im Landesverband Brandenburg bis zur Landtagswahl und darüber hinaus hat.

Von Ulrich Thiessen

Wer hat das Sagen in der brandenburgischen AfD? Diese Frage treibt die Mitglieder und Funktionäre der Partei seit mehr als zwei Jahren um. Jetzt eskaliert der Streit und droht wenige Monate vor der Landtagswahl auf offener Bühne ausgetragen zu werden. Zwei Lager stehen sich dabei unversöhnlich gegenüber.

Nachdem der langjährige brandenburgische Parteichef Andreas Kalbitz im Mai 2020 vom Bundesvorstand wegen verschwiegener Mitgliedschaften in einem rechtsextremen Verein aus der Partei ausgeschlossen worden war, herrschte im Landesverband zunächst ein Machtvakuum.

Einladungen zu Listenaufstellung waren fertig, da galt der Terminplan plötzlich nicht mehr.

Der Stellvertreterin und Vertrauten von Kalbitz, Birgit Bessin, gelang es im April 2022, den Landesvorsitz zu übernehmen. Ihre damals noch unterlegenen Gegner, angeführt vom Fraktionschef im Landtag Hans-Christoph Berndt, dem parlamentarischen Geschäftsführer Dennis Hohloch und dem Bundestagsabgeordneten René Springer waren der Meinung, dass die Zeit von Kalbitz vorbei sei.

Im vergangenen Herbst eskalierte der Streit, als der von Bessin dominierte Vorstand versuchte, die Kandidatin für das EU-Parlament, Mary Khan-Hohloch, wegen falscher Angaben im Bewerbungsverfahren aus der Partei auszuschließen. Bessins Gegner, nicht zuletzt der Gatte von Khan-Hohloch, die inzwischen in der Runde der Kreisvorsitzenden eine Mehrheit haben, drohten, einen vorfristigen Parteitag einzuberufen, auf dem Bessin abgewählt werden sollte. Die Vorsitzende lenkte zunächst ein.

Vorgesehen war, am 11. und 12. Februar dieses Jahres und, falls man nicht fertig wird, mit einer Fortsetzung am darauffolgenden Wochenende, die Landesliste für die Landtagswahlen am 22. September aufzustellen. In einer Mitgliederzeitung waren der Parteibasis bereits im Herbst vergangenen Jahres die Termine und der Ort, die Wiesenhalle in Jüterbog, mitgeteilt worden. Ende dieser Woche sollten die offiziellen Einladungen verschickt werden. Im April hätte turnusmäßig dann ein Landesparteitag den Vorstand neu wählen sollen. Darauf drängten jedenfalls die Kreisvorsitzenden, ohne dass ein formaler Beschluss dazu gefasst worden wäre.

Anfang der Woche beschloss der Landesvorstand im Umlaufverfahren (und damit ohne Debatte) mehrheitlich, die Listenaufstellung auf den April zu verschieben. Seitdem ist die Aufregung in der Partei groß. Von Chaos ist die Rede. Es handelt sich nicht nur um eine formale Terminänderung, sondern um parteipolitisches Kalkül mit weitreichenden Folgen.

Wenn die Listenaufstellung an zwei Wochenenden im April stattfindet, so heißt es in der Partei, könnte nicht noch ein Wahlparteitag stattfinden, danach sowieso nicht mehr, weil man sich auf die Wahlen konzentrieren und parteiinternen Frieden demonstrieren muss. Auf diese Weise bliebe der alte Vorstand samt der Vorsitzenden Bessin im Amt und hätte bei allem, was nach der Landtagswahl passiert, ein Wort mitzureden.

Wenn die als rechtsextremer Verdachtsfall eingestufte Partei die meisten Stimmen erhalten sollte, würde sie wohl das Recht beanspruchen, zu Koalitionsverhandlungen einzuladen – egal, ob jemand die Einladung annimmt oder nicht, der oder die Parteivorsitzende bekäme viel Aufmerksamkeit.

Birgit Bessin selbst war nicht zu einer Stellungnahme zu erreichen. Lars Günther, Landtagsabgeordneter und Vorstandsmitglied, der den Antrag auf Verschiebung im Führungsgremium im Vorstand gestellt hatte, wollte gegenüber dieser Zeitung keine Begründung dafür abgeben.

Für Donnerstagabend hatten die Kreisvorsitzenden eine Telefonkonferenz mit dem Landesvorstand einberufen. Ziel war es, am alten Fahrplan festzuhalten. Steffen Kubitzki, Kreisvorsitzender von Spree-Neiße, war nach eigenen Worten „stinksauer“. Er und andere Mitglieder aus seinem Kreisverband hatten sich schon Hotelzimmer in Jüterbog organisiert, betont er.

Er will notfalls die Stornogebühren vom Vorstand eintreiben. Unklar ist auch, was die Verschiebung des Termins die Partei kosten wird. Kubitzki hätte die Landesvorsitzende nach eigener Aussage gern am Dienstag in der Fraktionssitzung gefragt, was sie vorhat. Allerdings seien sie und die meisten anderen Vorstandsmitglieder nicht erschienen.

Schweigen nach Konferenz

Auf der Telefonkonferenz wurde Stillschweigen vereinbart. Am Tag danach hieß es lediglich, dass an einer Lösung gearbeitet werde und in der nächsten Woche eine Sprachregelung zum Stand der Dinge verkündet werden soll.

Hinter den Kulissen werden derweil die Vorbereitungen zur Abwahl von Birgit Bessin betrieben. Fünf Kreisverbände müssen dazu auf entsprechenden Sonderparteitagen die Einberufung eines Landesparteitages zur Neuwahl des Vorstandes beschließen. „Das kriegen wir bis März hin“, heißt es aus den Reihen der Kreisvorsitzenden. Dann wären die Tage der Landesvorsitzenden gezählt – es sei denn, es fällt ihr eine neue Finte ein.

Velten und die Hass-Mails an die Bürgermeisterin (2)

OGA vom 28. Dezember 2023 OBERHAVEL

Politikerin mit Hass-Mails bedroht

Anfeindung

Erstmals spricht Veltens Bürgermeisterin Ines Hübner darüber, wie sie die Angriffe erlebt hat und damit umgeht.

Von Roland Becker

Velten. In der Erklärung heißt es: „Wir sind entsetzt und erschüttert, wie mit plumpen Propaganda-Methoden gegen Menschen gehetzt und der Ruf unserer Stadt nachhaltig geschädigt wird – und das von rechtsextremen Parteien zu Wahlkampfzwecken.“

Gut zehn Tage nach der Veröffentlichung sagt Ines Hübner: „Ich denke mal, das ist ein sehr schönes Signal für die Außenwelt, auch an die Veltener, dass es hier so eine gemeinsame Erklärung gibt.“

Marcel Siegert war einer der ersten, der der Bürgermeisterin seine Solidarität versichert hat. In den Tagen darauf, so Hübner, habe sie auch viel Zuspruch in Velten und weit über die Stadt hinaus erhalten: „Ich habe viel Positives erfahren können. Das hat mir auch den Rücken gestärkt.“ Die Bürgermeisterin ist sich sicher, dass dazu auch die lokale und regionale Berichterstattung beigetragen hat: „Das hat die Menschen sicherlich nochmal ein bisschen aufgerüttelt.“

Ob auf der Straße oder beim Einkauf in Geschäften – viele Veltenerinnen und Veltener haben ihr gegenüber nicht nur Mitgefühl ausgedrückt, sondern auch Abscheu gegen diese Form rechtsextremer Propaganda. Dass die Bürgermeisterin einer Kleinstadt bedroht wird, habe viele bewegt. Mehrfach hat sie zu hören bekommen: „Das kann doch nicht sein. Wir sind doch nicht in Berlin oder Köln.“ In keinem Fall habe sie den Hass, der ihr schriftlich begegnet ist, auf der Straße erlebt.

Was aufgefallen ist: Solidaritäts-Noten für Ines Hübner blieben von offizieller Seite aus. Weder die SPD noch die Bürgermeister-Runde in Oberhavel ließen ein Statement verlauten. Auch der Landesvorstand der SPD sowie deren Vorsitzender, Ministerpräsident Dietmar Woidke, meldeten sich offiziell nicht zu Wort. Das heißt aber nicht, dass die Partei nicht hinter Ines Hübner steht, die auch stellvertretende SPD-Landesvorsitzende ist.

Hilfe und Beistand bekommt sie eher im Stillen. Und der reicht vom SPD-Ortsverein über die Bürgermeister der Nachbargemeinden bis zum Landesvorstand. Dessen SPD-Generalsekretär David Kolesnyk drückt das so aus: „Jede gewünschte Unterstützung steht bereit.“ Diesem Nachrichtenportal gegenüber sagte er, dass die Angriffe auf Ines Hübner auch solche auf die SPD in Brandenburg sind.

Es komme immer öfter vor, so Kolesnyk, „dass gerade aus dem demokratiefeindlichen Bereich Fake-News verbreitet werden, um Leute zu beschädigen“. Hier treffe es „eine super Bürgermeisterin, die sich jeden Tag für Velten einsetzt und die Dinge klar ausspricht“. Auch er betont die Bedeutung der gemeinsamen Erklärung mit Stadtparlaments-Chef Marcel Siegert: „So etwas ist nicht selbstverständlich.“

Zu den praktischen Hilfen, die Hübner zum Beispiel bei der Feier „30 Jahre Oberhavel“ angeboten wurden, zählte auch das Angebot eines Bürgermeisters, seiner Amtskollegin im eigenen Haus vorübergehend einen Arbeitsplatz anzubieten.

Dass es keine offiziellen Statements gab, dürfte auch damit zusammenhängen, dass nicht noch weiteres Öl ins Feuer gegossen, der Skandal nicht noch weiter eskalieren sollte. Die Macher von Compact kümmert das allerdings nicht. Sie legten nochmals nach.

Im gleichnamigen Magazin wird in einem „Flucht in die Opferrolle“ überschriebenen Beitrag Hübner vorgeworfen, von den in den Augen von Compact eigentlichen Problemen abzulenken, sich selbst in den Mittelpunkt zu rücken und als Opfer darzustellen. Schon das Hissen einer Fahne am Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen wird von Compact-Autor Paul Klemm als Hübner-Propaganda eingestuft. Der Beitrag endet mit dem Satz: „Veltens rote Königin wahrt den schönen Schein.“ Über den Inhalt der Hass-Mails schweigt der Autor des rechtsextremen Mediums freilich.

Derweil teilt Dörte Röhrs, Sprecherin der Polizeidirektion Nord in Neuruppin, mit, dass die Ermittlungen zu den Hass-Kommentaren gegen Ines Hübner fortschreiten. Noch sei es aber nicht an der Zeit, über Ergebnisse berichten zu können.

Was die Hass-Kampagne auslöste

● Seit Herbst 2023 verbreiten AfD und Robert Wolinski (Die Heimat/ehemals NPD) in Statements und Anträgen im Stadtparlament ihre Ansicht, dass Velten von kriminellen ausländischen Banden beherrscht wird, die vor allem im Bahnhofsumfeld für Überfalle, Angst und Schrecken sorgen.

● Vonseiten der Polizei wird nicht bestritten, dass es einzelne Straftaten gab, an denen Migranten beteiligt waren. Von Banden, einer erhöhten Kriminalität und Angst-Räumen in Velten könne aber nicht die Rede sein.

● Das Magazin Compact TV griff die Vorwürfe der AfD auf und veröffentlichte wenige Tage vor der Sitzung des Stadtparlaments am 5. Dezember einen 30-minütigen Beitrag. Titel der Sendung: „Araber tyrannisieren deutsche Schüler“. Der Vorwurf: Die Bürgermeisterin schaue bei Gewalt von Migranten weg.

● In der Folge gingen im Rathaus mindestens zehn Hass-Mails ein, die auch Drohungen gegen Hübner enthielten. Sie hat Strafanzeige gestellt.

Velten und die Hass-Mails an die Bürgermeisterin (1)

Information an die AfD und deren Anhänger und Mitläufer:

So geht Demokratie nicht!

OGA vom 28. Dezember 2023 TITELSEITE

Hass-Mails – so geht Veltens Bürgermeisterin damit um

Bedrohung

Nach einem Beitrag des als rechtsextrem geltenden Compact TV setzte Anfang Dezember 2023 eine Hass-Tirade gegen Ines Hübner ein. 

Von Roland Becker

Es waren Tage, die Bürgermeisterin Ines Hübner (SPD) in ihrer 14-jährigen Amtszeit so noch nicht durchstehen musste. Nach einem Beitrag von Compact TV, einem Ableger des vom Bundesverfassungsschutz als rechtsextremistisch eingeschätzten Magazins Compact, gingen bei ihr mindestens zehn Hass-Mails ein, in denen sie beschimpft und bedroht wurde.

In den ersten Tagen danach wollte sich Ines Hübner zu der gegen sie ausgelösten Kampagne nicht äußern und beließ es bei schriftlichen Statements. Wenige Tage vor Weihnachten hat sie dieses Schweigen gebrochen und sich auf Nachfrage dazu geäußert, was die Anfeindungen in ihre ausgelöst haben und wie sie damit umgeht.

Am Ende eines Gesprächs, in dem es zuvor vorrangig um andere, Veltens Stadtentwicklung betreffende Themen ging, kommt Ines Hübner auf Nachfrage auf die Hass-Mails zu sprechen. Dabei entsteht bald der Eindruck, dass sie zurückhaltend agiert, nicht zu viel davon preisgeben will, was sie in ihrem Inneren noch immer beschäftigt.

„In den ersten Tagen war ich schon betroffen. Da waren auch so Angstmomente da“, schildert sie ihre damaligen Gefühle. Jetzt nehme die Angst mit jedem Tag ab. „Und Angst ist ein schlechter Berater“, fügt sie hinzu. Dass die Wunden dennoch längst nicht geheilt sind, lassen Sätze wie dieser erahnen: „Mit jedem Tag tritt mehr und mehr Ruhe ein. Ich hoffe auf Weihnachten, wo man auch nochmal eine gewisse Auszeit hat.“

In den ersten und schlimmsten Tagen sei sie auch von ihrem Team im Rathaus getragen worden. Die Hass-Mails waren nur die Spitze des Eisbergs. Rathaussprecherin Stefanie Steinicke-Kreutzer verweist darauf, dass unter dem Compact-Beitrag weit mehr als 2000 Kommentare standen. „Jetzt hat es sich bei uns erstmal beruhigt“, sagt sie und meint damit, dass der Shitstorm abgeflaut ist.

Mit einem klaren „Nein!“ beantwortet Ines Hübner die Frage, ob sie in jenen Tagen Anfang Dezember den Gedanken gehabt hat, ihr Bürgermeisteramt aufzugeben? „Diese Überlegung, mich zurückzuziehen, kam für mich nicht infrage.“ Schließlich sei sie für acht Jahre – die Amtszeit endet Anfang 2026 – gewählt worden. „Das ist für mich eine große Verantwortung und Verpflichtung den Bürgern gegenüber.“

Es sei für sie auch keine Option gewesen, sich wegen der psychischen Belastung krankschreiben zu lassen. Stattdessen hat sie versucht, „offensiv mit dieser Problematik umzugehen“. Geholfen habe ihr unter anderem der Zuspruch, den sie in Velten erfahren hat. An dieser Stelle kommt sie auf die am 7. Dezember gemeinsame verfasste Erklärung zu sprechen, die auf Initiative von Stadtverordnetenvorsteher Marcel Siegert (Pro Velten) zustande kam. „Er ist auf mich zugekommen. Ich war davon sehr positiv angetan.“ Das Schreiben zweier politischer Konkurrenten, die sich auch im Bürgermeisterwahlkampf 2017 nichts geschenkt hatten, beinhaltet deutliche Worte.

Darin wird der Beitrag von Compact TV mit scharfen Worten kritisiert und die dadurch ausgelöste Hetzkampagne verurteilt. Gemeinsam verurteilen beide auch jede Form von Ausländerfeindlichkeit.

Was die Hass-Kampagne auslöste

Seit Herbst 2023 verbreiten AfD und Robert Wolinski (Die Heimat/ehemals NPD) in Statements und Anträgen im Stadtparlament ihre Ansicht, dass Velten von kriminellen ausländischen Banden beherrscht wird, die vor allem im Bahnhofsumfeld für Überfälle, Angst und Schrecken sorgen.

Vonseiten der Polizei wird nicht bestritten, dass es einzelne Straftaten gab, an denen Migranten beteiligt waren.

Von Banden, einer erhöhten Kriminalität und Angsträumen könne in Velten aber nicht die Rede sein.

Das Magazin Compact TV griff die Vorwürfe auf und veröffentlichte vor der Sitzung des Stadtparlaments am 5. Dezember einen 30-minütigen Beitrag. Titel der Sendung: „Araber tyrannisieren deutsche Schüler“. Der Vorwurf: Die Bürgermeisterin schaue bei Gewalt von Migranten weg.

In der Folge gingen im Rathaus mindestens zehn Hass-Mails ein, die auch Drohungen gegen Hübner enthielten. Sie hat Strafanzeige gestellt.

Die AfD versucht es immer und überall die freiheitliche, demokratische Rechtordnung zu unterwandern

OGA vom 13. Dezember 2023 TITELSEITE

Joachim Radke fliegt aus Sitzung der Stadtverordneten

Eklat

Der AfD-Politiker musste die Zusammenkunft am Montag vorzeitig verlassen. Reagiert wurde damit auf Äußerungen des Vize-Fraktionschefs.

Von Stefan Zwahr

Mit zweifelhaften Äußerungen in der politischen Diskussion sorgte der AfD-Politiker Joachim Radke schon in der Vergangenheit für Schlagzeilen. Nun gab es Konsequenzen: Dirk Blettermann (SPD), Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung (SVV) von Oranienburg, warf den stellvertretenden Chef der AfD-Fraktion am Montagabend während der Sitzung aus der Orangerie.

Bei der letzten Sitzung des Stadtparlamentes in diesem Kalenderjahr handelte sich Radke zunächst eine Verwarnung ein – um knapp 45 Minuten später des Saales verwiesen zu werden.

Zunächst missfielen dem SVV-Vorsitzenden Aussagen, die Radke in seinem Redebeitrag zur von der AfD angestrebten Reduzierung des Grundsteuer-Hebesatzes getätigt hatte. Der Abgeordnete der Rechtspopulisten – der im Juni 2023 mit Aussagen im Hauptausschuss, von denen sich andere Abgeordnete bedroht fühlten, für Empörung gesorgt hatte – betonte dabei, dass es in Deutschland genug Steuern geben würde. „Wir hatten im vergangenen Jahr, glaube ich, das höchste Steuereinkommen seit Bestehen der Bundesrepublik.“ Das Problem sei nicht, „dass den Leuten nicht genug Geld aus der Tasche gezogen wird“, sondern, dass es unzweckmäßig eingesetzt werde „und teilweise in Kanäle wandert, die dem Bürger nicht mehr zugutekommen“.

Relativierende und verstellende Aussagen bitte ich ausdrücklich zu rügen.

Enrico Geißler (Linke) Stadtverordneter

Blettermann ließ das nicht unkommentiert. Es entspreche nicht der Wahrheit, dass Geld in Kanäle gepumpt werde, die für den Steuerzahler nicht nachvollziehbar seien. „Ich verwahre mich dagegen und bitte, die Wortwahl genau zu beachten.“ Der SPD-Politiker hatte vorher den Satz „Ich verwarne sie hiermit“ eingebaut. Die Fortsetzung folgte beim Tagesordnungspunkt „würdige Neugestaltung des Gedenkortes zum KZ Oranienburg“. Radke – dessen Landesverband vom Verfassungsschutz Brandenburg seit 2020 als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft wird – ließ verlauten: „Aus unserer Sicht ist es wirklich wichtig, an den totalitären linken Nationalsozialismus mit seinen Untaten zu erinnern.“ Aufgrund dieser historischen Bedeutung sei der Antrag nicht abzulehnen.

Enrico Geißler, der Die Linke als Kreisvorsitzender führt, war fassungslos. „Wenn hier irgendwas von linkem Nationalsozialismus geredet wird, ist das tatsächlich eine Relativierung des Nationalsozialismus. Ich weiß nicht, ob das Worte sind, die in diesem Hause angemessen sind im Umgang mit anderen Fraktionen oder anderen Positionen.“ Der Nationalsozialismus und die Massenvernichtung der europäischen Juden während der nationalsozialistischen Herrschaft seien unvergleichlich. „Solche relativierenden und verstellenden Aussagen bitte ich ausdrücklich zu rügen. So geht es einfach nicht!“

Velten soll Hotspot der Kriminalität sein?

OGA vom 27. November 2023 OBERHAVEL

Raub und Gewalt unter Jugendlichen

Bilanz

Ist Velten ein Hotspot der Kriminalität? Die Polizei widerspricht dem ausdrücklich. Doch viele Veltener haben ein anderes Gefühl. Im Jugendclub sind Probleme bekannt. Was die Statistik der Polizei nicht erfasst.

Von Roland Becker

Für Mandy Krüger (Pro Velten) war es eine Herausforderung, erstmals den Ausschuss für Sicherheit und Ordnung im Rathaus von Velten zu leiten. Die Sitzung am vergangenen Mittwoch begann höchst turbulent. So verhängte Krüger gegen einen aus Kremmen angereisten Bürger, der mehrfach gegen die Hausordnung verstieß, eine wohl einmalige Maßnahme. Selbst die Polizei musste einschreiten.

Dass die Sitzung hitzig werden könnte, war von vornherein klar. Zündstoff bot sie genug. Einerseits sollte Stefan Boye, Leiter des Polizeireviers Hennigsdorf, die Kriminalstatistik 2022 für Velten vorstellen. Andererseits lag ein Antrag der AfD vor, in dem mehr Sicherheit im Bahnhofsumfeld durch Kameras und Polizeikontrollen ohne Anlass gefordert wird und Migranten für die Kriminalität verantwortlich gemacht werden. Diese Gemengelage traf zudem auf eine in Teilen der Bevölkerung herrschende Verunsicherung. Zwischen der Kriminalstatistik der Polizei und dem tatsächlichen Tatgeschehen, so die Meinung, herrsche ein Ungleichgewicht.

Die Beziehungen zwischen potenziellen Tätern und Opfern sind komplex.

Während zwei Eltern in sachlicher Form versuchten, Fälle zu schildern und um Aufklärung baten, holte der Kremmener Frank Wessel zum Generalschlag aus: „20 bis 30 Migranten machen Randale. Die Leute haben Angst um ihr Kinder, dass diese erstochen werden.“ Als der als Kremmener eigentlich kein Rederecht genießende Mann mehrfach unberechtigt in die Sitzung eingriff, verwies ihn die Ausschussvorsitzende des Saals. Weil er mit dem Handy Fotos von Anwesenden gefertigt hatte, nahm die Polizei zudem seine Personalien auf.

Noch ehe Stefan Boye mit seinem Vortrag beginnen konnte, drohte bereits ein Eklat. Als Heiko Gehring (AfD) den Vorwurf erhob, „die Polizei beschönigt die Lage in der Presse“, griff der Revierleiter ein. „Ich lasse Aussagen, die in Richtung Verleumdung gehen, nicht zu.“ Gehring riskiere damit eine Anzeige.

Velten kein Brennpunkt

Die Zahl der in Velten verübten Straftaten hat sich laut Boye 2022 im Vergleich zum Vorjahr von 790 auf 865 erhöht. Diebstahl, Betrug, Sachbeschädigung und Beleidigung machen etwa zwei Drittel der angezeigten Delikte aus. Für das laufende Jahr rechnet er mit einem ähnlich hohen Anzeigenaufkommen. Bis 31. Oktober wurden 662 Straftaten bekannt. Boye wertet diese Zahlen so: „Velten ist kein Brennpunkt unserer polizeilichen Arbeit.“

Aufgrund der öffentlichen Diskussion um Raubdelikte, die von Gruppen junger Leute ausgehen sollen, wurden Boyes diesbezügliche Zahlen mit besonderer Spannung, aber auch Skepsis erwartet. Bis 20. November sind laut Boye fünf Raubdelikte und drei Körperverletzungen aktenkundig geworden. Darin ist die Straftat vom 10. November am Bahnhof enthalten. „Wie weit sind solche Statistiken überhaupt aussagekräftig?“, wollte Gehring wissen.

Viele Betroffene hätten Angst, Anzeige zu erstatten. Von AfD-Seite wurde zudem angemerkt, dass bei einer nicht repräsentativen Befragung Jugendliche angegeben hätten, dass an die Zahlen der Polizei noch eine Null gehöre, um der Realität näherzukommen. Zudem kommen laut AfD die Mitglieder dieser Jugendbanden alle aus Hennigsdorf und hätten arabische oder afghanische Wurzeln. Im Ratssaal fielen sogar Vornamen.

Der Revierchef wollte das nicht unkommentiert lassen: „Das sind keine Banden, sondern lose jugendliche Gruppierungen aus einer bunten Mischung von vielen, vielen Deutschen und einigen Personen mit Migrationshintergrund.“ Er erwähnte auch drei Festnahmen von Intensivtätern, von denen zwei Ur-Veltener und einer Migrant seien.

Dass die sehr geringen Zahlen zu Raub und Körperverletzungen in Diskrepanz zu einer deutlich höheren Dunkelziffer stehen, ist Boye klar. Auch deshalb setze die Polizei Zivilstreifen ein. Boyes Stellvertreter Gerhard Bliß beschrieb deren Problem: „Wir bekommen keine Informationen. Wir sehen nur im Internet, dass Vorfälle beschrieben werden.“ Wird diesen Verdachtsmomenten nachgegangen, „ist es sehr schwierig, Zeugen zu finden und Fakten auf den Tisch zu bekommen“. Gerüchte, „die jeglicher Grundlage entbehren“, ergänzte Boye, helfen bei der Aufklärung nicht weiter. Näher dran an den Jugendlichen und ihren Problemen ist Yvonne Scherdin. Der Leiterin des Jugendclubs Oase erzählen junge Leute oftmals, was die Polizei gern wissen würde. Und so war sie es an diesem Abend im Rathaus, die das wohl realistischste Bild liefern konnte. Sie erwähnte „Jugendgruppen, Gangs und Banden“, die sich am Skaterplatz, in der Innenstadt und am Bahnhof treffen. Das sei eine bunte Mischung aus Deutschen und Migranten. Dabei gebe es auch ein Ortschafts-Hopping zwischen Hennigsdorf, Velten und Oranienburg. „Zwischen den Gruppierungen gibt es auch Stress, also verbale Beleidigungen bis zu körperlicher Gewalt.“ Generell hat sie beobachtet, dass die Frustrationstoleranz abgenommen hat: „Es knallt viel schneller.“

Seit dem Sommer hat Scherdin allerdings beobachten müssen, dass sich die Konflikte zwischen Hennigsdorfer und Veltener Jugendlichen zugespitzt haben. Dafür gebe es zwei Ursachen: „Die Veltener haben ein Straßenfußball-Turnier gewonnen. Das passte den Hennigsdorfern nicht so.“ Dazu kam, dass im Juli für mehrere Monate der Henngisdorfer Jugendclub wegen Personalmangels geschlossen wurde. Daraufhin sei eine größere Zahl Hennigsdorfer regelmäßig mit dem Zug nach Velten gekommen. Sie bestätigte auf Nachfrage auch, dass die Mehrzahl dieser Gruppe aus dem Albert-Schweitzer-Quartier stamme, in dem viele finanziell schlecht gestellte Familien und ein hoher Anteil von Migranten leben würden.

Ihr seien mindestens 15 Besuchende des Jugendclubs bekannt, die seit Sommer Stress mit Hennigsdorfern gehabt hätten. Stress – das heißt vor allem das Abziehen von Eigentum wie Klamotten. Weshalb die Opfer keine Anzeige erstatten, dafür gebe es viele Gründe. Die Angst, dann weiter bedroht zu werden, sei einer davon. Es gebe auch Jugendliche, die es cool fänden, abgezogen worden zu sein. Andere beichten ihren Eltern den Raub von E-Zigaretten nicht, weil diese gar nicht wissen, dass ihre Sprösslinge rauchen. Sie bekomme aber auch erzählt, dass Eltern sagen, „sie haben keinen Bock auf den Bürokratiekram bei der Polizei“.

Wie komplex die Beziehungen zwischen potenziellen Tätern und Opfern sind, lässt sich laut Scherdin auch daran erkennen, dass diese mal wie Freunde agieren, dann wieder aufeinander losgehen. Daher wisse auch jeder zweite, um wen es sich bei Straftaten wie der vom 10. November handelt, kenne deren Namen.

Yvonne Scherdin redete nichts schön, behielt aber die Problematik im Auge. Auch deshalb appellierte sie, was Teil der Lösung des komplexen Problems sein solle: „Wir müssen es ernst nehmen, wenn Jugendliche mit migrantischem Hintergrund aus dem Schweitzer-Viertel in Hennigsdorf hier Bambule machen.“ Dazu sei es nötig, enger mit den Sozialarbeitern in Hennigsdorf zusammenzuarbeiten.

Die im Rathaus fürs Soziale verantwortliche Jennifer Collin-Feder sieht den Knackpunkt an anderer Stelle: „Wir müssen die Familien stärken.“ Scherdin konterte mit Blick auf ihr Vierer-Team: „Wenn wir die Eltern mitnehmen wollen, braucht es mehr Personal.“ Man sei an der Kapazitätsgrenze angelangt.

Deutlich wurde auch die Angst von Yvonne Scherdin, dass die Probleme rund um den Bahnhof eine Dynamik entwickeln, die in die völlig falsche Richtung geht. Schon jetzt würden Bilder von angeblichen oder mutmaßlichen Tätern in sozialen Netzwerken kursieren. Auch im Ratssaal wurden Handys mit solchen Fotos gezeigt. Sie habe ein Foto mit dem Gesicht eines Jugendlichen gesehen, das dem von drei anderen ihr bekannten Besuchern sehr ähnlich sehe. Auch deshalb wurde Clubleiterin Scherdin sehr deutlich: „Ich habe Angst vor einer Bürgerwehr. Dann trifft es Unschuldige.“ Der Aufruf zur Gründung einer solchen kursiere ebenfalls in Internetforen.

„Relativierungen waren ja zu erwarten“, echauffierte sich Gehring über den Verlauf der Diskussion. In Richtung Boye behauptete er: „Die Täter sind nicht zwei Veltener, sondern Migranten aus Hennigsdorf.“ Auch Sozialarbeiter würden das Problem nicht lösen, hieß es von AfD-Seite. Daher brauche es Kameras am Bahnhof und verstärkte Kontrollen der Polizei.

Keine Mehrheit für AfD-Antrag

Bei der Mehrheit der Ausschussmitglieder kam der Antrag nicht gut an. „Diesen Populismus, den Sie betreiben, werden wir nicht unterstützen“, sagte Katja Noack (SPD). Nur Gehring stimmte für den Antrag. Helga Siegert (Pro Velten) und Hans-Jörg Pötsch (CDU) enthielten sich. Dagegen stimmten Katja Noack und Hartmut Goral (beide SPD), Alexander Moser-Haas (Linke) und Mandy Krüger (Pro Velten). Endgültig entschieden wird über den Antrag im Stadtparlament am 7. Dezember.

Zahlen zur Kriminalität in Velten

Die Polizeistatistik vermerkt für Velten 865 Straftaten, die 2022 angezeigt wurden. Im Jahr zuvor waren es 790. Bis 31. Oktober 2023 wurden 692 Delikte bekannt. Die Aufklärungsquote blieb mit 55 Prozent stabil.

Diebstähle machen 28,3 Prozent aus, es folgen Betrugstaten (21,2) und Rohheitsdelikte (14,8).

Aktenkundig wurde eine Straftat gegen das Leben (Mord, Totschlag oder ein solcher Versuch). 13-mal wurden Sexualdelikte angezeigt.

Auffällig war 2022 die Zahl von 17 Wohnungseinbrüchen. In den Jahren zuvor lag die Zahl wegen der Corona-Beschränkungen deutlich tiefer. In diesem Jahr wurden bislang vier Fälle aktenkundig.

Deutlich gesunken ist die Zahl angezeigter häuslicher Gewalt: von 64 auf 29. Die hohe Zahl von 2021 liegt in zahlreichen Einsätzen, die drei Familien betrafen, begründet.

Unter den 2022 ermittelten Tatverdächtigen waren 332 deutscher und 46 nichtdeutscher Herkunft. Letztere Zahl entspricht 12 Prozent. rol

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Einer aus Kremmen angereister Bürger (Frank Wessel), der mehrfach gegen die Hausordnung verstieß…“ – hier stellt sich für mich die Frage, ob es der gleiche Bürger ist, der ungenannt bei der Aufstellungsversammlung der AfD in Hennigsdorf für „Wirbel“ sorgte, also jemand der versucht, rechtes Gedankengut zu verbreiten?

Derjenige, der erklärte „20 bis 30 Migranten machen Randale. Die Leute haben Angst um ihr Kinder, dass diese erstochen werden.“

Das passt ja sehr gut zu „…lag ein Antrag der AfD vor, in dem mehr Sicherheit im Bahnhofsumfeld durch Kameras und Polizeikontrollen ohne Anlass gefordert wird und Migranten für die Kriminalität verantwortlich gemacht werden.“

Die Strafdelikte der Veltener bleiben hierbei unerwähnt. Die passen schließlich nicht ins politische Szenario dieser rechten Partei.

Angst und Unsicherheit verbreiten und dann noch geltende Gesetze wie z.B. den Datenschutz mit untergeordneten Beschlüssen aushebeln. Leider nuss sich auch hier das Stadtparlament und seine Aussschüsse an geltendes Recht halten, auch wenn die AfD es gern nicht so eng sieht – außer bei Ihren „Feinden“.

Die AfD und ihre Mitläufer zeigen überall ihr wahres Gesicht! Ohne Feindbild geht gar nichts. Aktuell sind es die Migranten, später die Arbeitlosen und Bürgergeldempfänger, danach die Rentner und Kranken… ein Blick ins Geschichtsbuch zeigt genau, was daraus wurde…. aber wer will schon mit Fakten belästigt werden?

Update (2) zum Beitrag vom 21.11.2023; „AfD zeigt immer mehr ihr wahres Gesicht“

OGA vom 24. November 2023 OBERHAVEL

Vorwürfe von rechten Stadtverordneten widerlegt

Kriminalität 

Der Veltener Bahnhof gilt nicht als Hotspot für Delikte. Bei einem Raub in Oranienburg wurden ein Veltener und ein Leegebrucher festgenommen.

Von Roland Becker

Dass der rechtsextreme Stadtverordnete Robert Wolinski (Die Heimat, ehemals NPD) den Beamten die Aufforderung zum Schweigen über eine Straftat öffentlich vorwirft, wird für ihn Konsequenzen haben. Polizeisprecherin Dörte Röhrs bestätigte auf Nachfrage, dass mehrere Polizeibeamte gegen Wolinski Anzeige wegen Verleumdung beziehungsweise übler Nachrede gestellt haben.

Auch in einem anderen Punkt widerspricht die Polizei Wolinskis Darstellung. Mit der Frage: „Warum werden nicht am Hennigsdorfer Bahnhof nach Abreise die Tatverdächtigen via Nahfahndung gesucht?“, suggeriert er, dass es eine solche nicht gegeben hat. Die Polizeisprecherin hingegen versichert, dass die Nahbereichsfahndung sofort durch zwei Streifenwagen aufgenommen worden sei. 40 Minuten nach der Tat habe diese aber nicht zum Erfolg geführt.

Der Revierleiter war wie jedes Jahr eingeladen, den Stadtverordneten die Statistik vorzustellen.

Generell widerspricht Revierleiter Boye der vonseiten Wolinskis und der AfD aufgestellten Behauptung, dass das Veltener Bahnhofsumfeld ein Hotspot der Kriminalität ist: „Das ist es definitiv nicht. Wir haben die Lage unter Kontrolle.“ Dass sich dort als auch an bestimmten Plätzen benachbarter Städte Jugendliche treffen, sei der Polizei bekannt. Diese Gruppen bestehen laut Boye sowohl aus Migranten als auch aus Deutschen.

Auf Wolinskis Facebook-Post reagierte auch die Stadt Velten: „Die Verwaltung macht sich gemeinsam mit der Polizei seit Längerem ein Bild am Bahnhof und kann Angst schürende Aussagen nicht belegen.“

Abgesehen von der Straftat am 10. November gingen im bisherigen Jahresverlauf zwei Anzeigen bei der Polizei ein, die sich auf Raubstraftaten im Bahnhofsbereich beziehen. In einem Fall wurde ein deutscher Jugendlicher als Tatverdächtiger ermittelt. Der andere Fall ist noch nicht geklärt. Revierleiter Boye schließt dabei nicht aus, dass dieser noch nicht ermittelte Täter auch einen Migrationshintergrund haben kann.

Aufklären konnte die Polizei dieser Tage hingegen einen anderen Raub, bei dem das Opfer auch verletzt wurde. Am Mittwoch, 15. November, wurden sowohl ein Veltener als auch ein Leegebrucher festgenommen. Den 16- und 18-jährigen Deutschen – bei der Polizei mehrfach und einschlägig bekannt – wird vorgeworfen, am 29. Oktober gegen 20.30 Uhr am Louise-Henriette-Steg in Oranienburg aus einer Gruppe heraus einem Mann die Tasche geraubt und das darin befindliche Geld an sich genommen zu haben. Zudem sollen sie ihr Opfer geschlagen haben, sodass der Mann leicht verletzt wurde.

Die beiden Beschuldigten befinden sich jetzt hinter Gittern. Der Haftrichter ordnete für das Duo Untersuchungshaft an – eine nicht allzu häufig vorkommende Maßnahme. Der 16-Jährige wird mindestens bis Januar 2024 in der Jugendarrestanstalt Frostenwalde einsitzen, der 18-Jährige verbringt die Untersuchungshaft im Gefängnis Wriezen. Beide sollen aus finanziell gut situierten Familien stammen.

Sicherheit in Velten

Wie es um die Sicherheit in Velten steht, war am Mittwoch Thema im Ausschuss für Sicherheit und Ordnung sein. Wie üblich, war Revierleiter Stefan Boye wieder dazu eingeladen, die Kriminalitätsstatistik 2022 für Velten vorzustellen und dabei auch auf die jüngsten Diskussionen zur Sicherheit rund um den Bahnhof einzugehen.

Auf der Plattform Facebook kündigt Robert Wolinski an: „Wir werden nicht schweigend zusehen. Nicht einfach hinnehmen. Nicht tatenlos bleiben.“ Wie er Letzteres meint, lässt der Stadtverordnete offen. In ihrem Facebook-Post weist die Stadtverwaltung Velten darauf hin, dass Wolinskis in Die Heimat umbenannte NPD „bereits 2017 vom Bundesverfassungsgericht als rechtsextrem eingestuft wurde“. Außerdem stellte das Gericht deren Verfassungsfeindlichkeit fest.

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Wie viele Fakten werden denn noch benötigt damit nun auch der letzte Bürger begreift, wie diese hier im Text genannten „Politiker“ ticken?

Weder die AfD noch deren Anhänger und Sympathiesanten kann man mit Fakten überzeugen, aber dem normal denkende Mensch sollte klar sein, mit welchen z.T. perfiden Methoden hier versucht wird Politik zu betreiben.

Update zum Beitrag vom 21.11.2023; „AfD zeigt immer mehr ihr wahres Gesicht“

…zum o.g. Beitrag

OGA vom 24. November 2023 TITELSEITE

Bahnhof kein Schwerpunkt für Kriminalität

Polizei

Im November gab es einen Vorfall mit zwei Jugendlichen, die angegriffen wurden. Die Polizei äußert sich zu ersten Ermittlungsergebnissen.

Von Roland Becker

Seit September 2023 machen Gerüchte in Velten die Runde, dass das Umfeld des Bahnhofs zu einem Schwerpunkt der Kriminalität geworden sei. Verantwortlich gemacht werden dafür in Banden zusammengeschlossene Jugendliche mit Migrationshintergrund. Angeheizt wird die Debatte vor allem durch Äußerungen des Stadtverordneten Robert Wolinski (NPD, umbenannt in Die Heimat), Veröffentlichungen in einer Online-Zeitung und durch einen Antrag der Veltener AfD. Was steckt dahinter?

Seit dem Stadtfest im Mai, „betreiben Jugendbanden mit Migrationshintergrund ihr Unwesen mit Gewalt und räuberischer Erpressung“, begründet AfD-Fraktionschef Heiko Gehring den im Stadtparlament gestellten Antrag „Mehr Sicherheit im Bahnhofsumfeld gewährleisten“. Seither tauchen in sozialen Netzwerken und in der „Brandenburger Freiheit“, die für sich unabhängigen Bürgerjournalismus beansprucht und in deren Fokus Artikel über straffällige Zugewanderte stehen, immer wieder Berichte über kriminelle Aktivitäten auf, die Migranten begangen haben sollen.

Die Lage stellt sich laut Polizei anders dar, als vom Stadtverordneten behauptet.

Den jüngsten dieser Fälle schilderte der Stadtverordnete Robert Wolinski, der für Die Heimat im Stadtparlament sitzt, auf der Facebook-Seite „Ein gemeinsames Velten“. Vorab: Stefan Boye, Revierleiter der Polizei Hennigsdorf, bestätigt, dass es an besagtem 10. November zu einem Vorfall am Bahnhof Velten gekommen ist und diesbezüglich ermittelt wird. Allerdings fügt er hinzu, dass sich die Lage nach den bisherigen Ermittlungen anders darstellt, als von Wolinski behauptet.

Laut Wolinski ist der Bahnhof ein Ort der Angst: „Cliquen lungern am Ausgang der Kreisbahnstraße herum, Ausländergruppen wollen in der Dunkelheit gern dort Gangster sein.“ Zu deren Opfern gehöre auch ein Pärchen – beide 16 Jahre –, das am Abend des 10. November beim Überqueren des Bahnhofs von besagter Gruppe beleidigt und bedroht worden sei. Beide seien von ihren Peinigern angespuckt „und äußerst gewaltsam gegen den Brustkorb getreten“ worden. Als die später von deren Eltern informierte Polizei vor Ort eintraf, „war die Gruppe mit den Ausländern nach ihrer Tat mit der Bahn verschwunden“, sagt Wolinski.

Hennigsdorfs Polizeichef widerspricht dieser Darstellung: „Die Straftat an dem Freitagabend hat sich ein ganzes Stück anders dargestellt, als von Herrn Wolinski reißerisch dargestellt.“ Das bestätigt auch Dörte Röhrs, Sprecherin der Polizeidirektion Nord in Neuruppin. Die bisherigen Ermittlungen haben demnach ergeben, dass die beiden Jugendlichen im Bahnhofsumfeld von anderen jungen Leuten „angemacht wurden“. Daraus habe sich ein verbaler Streit ergeben, in den sich ein unbeteiligter Dritter eingemischt habe, der dem Mädchen helfen wollte. Aus bislang ungeklärtem Grund soll das Mädchen dem Helfenden gegenüber – laut Röhrs nach Zeugenbeschreibungen ein Deutscher – aggressiv geworden sein. Darauf habe dieser die 16-Jährige durch Schläge und Tritte verletzt. Dann sei er geflohen.

Nachdem die Eltern die Polizei informiert hatten, erschienen Beamte zirka 40 Minuten nach der Tat am Bahnhof. Weil der 16-Jährige angab, dass ihm eine Jacke gewaltsam abgenommen worden sei, wurde eine Anzeige wegen Raubes aufgenommen. Dieser Tat verdächtigt wird laut Boye ein junger Mann mit Migrationshintergrund.

Laut Wolinski baten die Polizisten anschließend darum, „das Geschehen nicht öffentlich zu machen“. Dem widersprechen sowohl die Polizeisprecherin als auch der Revierleiter und die betroffenen Beamten. Niemand habe die Beteiligten dazu aufgefordert, über den Vorfall zu schweigen.

„Es wurde niemandem gesagt, die Klappe zu halten“, versichert Röhrs. Für den aus ihrer Sicht unberechtigten Vorwurf hat sie eine ganz andere Erklärung: Als die Polizei mit der 16-Jährigen und deren Mutter sprach, habe sich ein unbeteiligter und stark alkoholisierter Mann in das Gespräch eingemischt und ausländerfeindliche Sprüche geäußert. Daraufhin sei ihm von der Polizei gesagt worden, seine Äußerungen grenzten an strafrelevantes Verhalten. Wenn er ab jetzt ruhig sei, habe sich die Angelegenheit aber erledigt.

AfD zeigt immer mehr ihr wahres Gesicht

OGA vom 21. November 2023 OBERHAVEL

Kampfabstimmung bei der AfD

Personalie

Landtagswahl 2024 im Wahlkreis 7: Es gab eine Überraschungskandidatur.

Von Roland Becker

Oberhavel. Gut zehn Tage vor der Entscheidung, wer zur Landtagswahl am 22. September 2024 als Direktkandidat für die AfD im Wahlkreis 7 (Hennigsdorf, Velten, Kremmen, Oberkrämer, Löwenberger Land) antritt, ahnte der Kreisvorsitzende Andreas Galau: Bei der Nominierung am 15. November kann es zu einer Kampfkandidatur kommen. Das ist auch geschehen, allerdings anders, als Galau vermutet hatte.

Für die AfD ist Dr. Dietmar Buchberger ein politisches Schwergewicht. Der Hennigsdorfer kandidierte bereits auf fast allen Ebenen. Ob Stadtverordnetenversammlung und Kreistag, ob Landratswahl 2015, Bürgermeisterwahl 2017 in Hennigsdorf oder Landratswahl 2015 – der Name Buchberger stand immer auf dem Wahlzettel. Dabei konnte er schon zu Zeiten Achtungserfolge von mehr als 20 Prozent erzielen, als sich seine Partei noch nicht im Umfragehoch befand.

Zwei Wochen vor der Nominierung wollte sich Buchberger nicht festlegen, ob er seinen Hut in den Ring wirft. Ähnlich zurückhaltend äußerte sich auch der Veltener Heiko Gehring. Genau diese beiden Namen hatte Galau auf dem Schirm. Allerdings kam es am Mittwoch anders. Es war das Sportkasino 1420, in dem die AfD die Nominierung vornahm. Bis zur Übernahme der Gaststätte durch Marcel Siegert, dem Chef von Pro Velten und Vorsitzenden des Stadtparlaments, war dies über viele Jahre der Versammlungsort der SPD gewesen.

AfD verschweigt Konkurrenten

In der von der AfD herausgegebenen Pressemitteilung heißt es, dass „in großer Geschlossenheit der Direktkandidat aufgestellt wurde“. Das suggeriert: Es gab einen Kandidaten, der fast einstimmig gewählt wurde. Ein zweiter Kandidat taucht in der Mitteilung nicht auf. Doch der Nominierungsabend verlief ein wenig anders. Auf Nachfrage bestätigte Galau, dass der 52-jährige Heiko Gehring einen Gegenkandidaten hatte. Überraschenderweise war das nicht Buchberger. Der sagte dieser Zeitung, dass er aus Altersgründen und wegen der Beanspruchung durch seine Arbeit für die AfD-Bundestagsfraktion davon Abstand genommen habe.

Dass es trotzdem zu einer Gegenkandidatur kommen wird, damit hatte wohl kaum jemand in der AfD gerechnet. „Ein neues Mitglied hat spontan seine Kandidatur erklärt“, berichtete Galau vom Verlauf des Abends. Eine Chance hatte der Herausforderer nicht. Laut Galau erhielt dieser fünf Stimmen, Gehring kam auf 28. Doch wer ist dieser Mann, der seine Kandidatur aus dem Hut zauberte? „Den Namen lassen wir außen vor“, wehrte Galau Nachfragen ab und begründete dies damit, dass der Kandidat nicht so in der Öffentlichkeit stehen wolle. Das erstaunt insofern, als im Fall einer erfolgreichen Kandidatur dessen Name auf jedem Stimmzettel gestanden hätte. Bekannt ist nur, dass es sich um einen Kremmener handelt.

Vom Kreisverband heißt es zur Wahl von Gehring, dass sich der AfD-Ortsvorsitzende und Fraktionschef im Veltener Stadtparlament „durch sein großes Engagement in der Kommunalpolitik einen guten Ruf erarbeitet hat“. Wohin die politische Reise mit ihm gehen wird und welche Schwerpunkte er im Fall seiner Wahl in den Landtag setzt, stellte Gehring unmissverständlich klar: „Mit mir wird es keine Errichtung weiterer Asylunterkünfte geben und werden die Frauen und Mädchen endlich wieder ohne Angst abends den Hennigsdorfer Postplatz passieren oder am Veltener Bahnhof entlanggehen können.“

Zuletzt machte Gehring Schlagzeilen, indem er im Namen der AfD einen Antrag ins Stadtparlament einbrachte, in dem das Bahnhofsumfeld als gefährlich bezeichnet wird, weshalb eine Videoüberwachung und stärkere Polizeipräsenz gefordert werden. Für die behauptete Gefährdung macht er „Jugendbanden meist mit Migrationshintergrund“ verantwortlich. Polizei und Stadtverwaltung widersprechen der Darstellung, dass der Bahnhof ein Hotspot der Kriminalität ist. Am morgigen Mittwoch wird Stefan Boye, Leiter des zuständigen Polizeireviers, im Veltener Ausschuss für Sicherheit und Ordnung die Kriminalitätsstatistik 2022 vorstellen und auf die Vorwürfe eingehen.

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Wirklich Konstruktives und vor allem Soziales steht hier bei dieser Partei nicht im Mittelpunkt. Eher dann schon das Schüren der Ängste der Bevölkerung, insbesondere im Bezug auf die Migration von Geflüchteten. Fakten zu diesem Thema werden konsequent nicht beachtet oder gar abgelehnt. Bitte schaut in die Geschichtsbücher oder wer es etwas leichter braucht, schaut die Serie „Babylon Berlin“.